Petibon für Revolution in der Oper

Starsopranistin singt am Dienstag an der Wien „Von Hexen, Feen und Zauberei“
Die Starsopranistin singt an der Wien.

Sie hat wohl so ungefähr alles, was ein Opernstar der Gegenwart braucht: Eine fabelhafte Stimme, ein Repertoire vom Barock bis in die Gegenwart, höchste Intelligenz sowie ein unfassbares schauspielerisches Talent. Wenn Patricia Petibon eine Bühne betritt, verwandelt sich die quirlige Französin sofort in ihren jeweiligen Charakter, geht emotional und physisch mitunter an ihre Grenzen.

Zauberin

So vermutlich auch heute, Dienstag, im Theater an der Wien, wenn Petibon zu einem Abend unter dem Titel "Monstres, sorcières et Magiciens" (etwa: "Von Hexen, Feen und Zauberei") bittet. Gemeinsam mit Dirigentin Emmanuelle Haïm und deren Barockensemble Le Concert d’Astrée sowie dem Bassisten Nahuel Di Pierro wandelt Petibon dabei auf den Spuren großer Zauberinnen der Opernliteratur, "die alle irgendwie sehr heutig sind."

"Die Idee kam uns, als ich vergangenen Sommer Händels ,Alcina‘ in Aix gesungen habe", erklärt die Künstlerin im KURIER-Gespräch. "Die Inszenierung war dort so, wie ich sie mir wünsche, nämlich heutig, der Gegenwart, uns Menschen verpflichtet. Alcina, die ja bekanntlich ihre Ex-Liebhaber in Tiere verwandelt, ehe sie an einem Mann scheitert, war da eine zutiefst enttäuschte Frau auf der Suche nach dem einen Mann, dem Richtigen. Also haben wir auch andere ,Magierinnen‘ auf ihre Aktualität hin untersucht und einen Abend erstellt, bei dem ich mich nicht nur stimmlich so richtig austoben kann", lacht die mit Preisen überhäufte Künstlerin. Nachsatz: "Einmal Fee, einmal Hexe – das ist doch Leben pur."

Grenzgängerin

Womit wir bei Petibons Credo wären: "Die Oper von heute, das Musiktheater muss sich jeden Abend aufs Neue für seine Existenz legitimieren. Wir sind doch Menschen des 21. Jahrhunderts, Menschen aus Fleisch und Blut, die anderen Menschen aus Fleisch und Blut nicht einfach im Kostüm etwas vorsingen können. Wir müssen stets an unsere Grenzen gehen, sie vielleicht sogar überschreiten, sonst verkommt der ganze Klassikbetrieb zu einem musealen Starzirkus. Das brauche zumindest ich gar nicht."

Dieser Zugang zum Musiktheater und zur Musik ist mit ein Grund, weshalb Petibon szenische Opernangebote sehr genau auswählt. "Ich brauche einfach Regisseure, die etwas wollen, auch wenn es vielleicht nicht immer aufgeht. Aber eine Katie Mitchell, ein Olivier Py oder ein Claus Guth ignorieren nicht das, was draußen in der realen Welt passiert, sie versuchen, darauf zu replizieren."

Revolutionärin

Doch kann die Kunst, im konkreten Fall die Musik, die Welt überhaupt verändern? Petibon denkt nach: "Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht. Ich denke aber, dass Menschen, die Musik hören, die Musik machen, sensibler für das Leid anderer Menschen sind. Wenn man nur den Fernseher aufdreht und sich Berichte über die Flüchtlingstragödie ansieht, kann man das doch nicht ignorieren. Wir brauchen eine Revolution, nicht nur auf der Opernbühne. Sondern in unseren Köpfen und Herzen. Da kann die Kunst eventuell etwas tun, weil sie die Menschen zum Nachdenken bringen kann."

Und wann wird Petibon auch ihr Publikum in Wien wieder zum Nachdenken verführen? "Solche Projekte wie im Theater an der Wien oder Liederabende im Musikverein sind fixiert. Was die Oper betrifft, müssen wir sehen, ob wir ein Werk und eine künstlerisch ideale Konstellation dazu finden. Ich jedenfalls liebe Wien." Lachend: "Nicht nur wegen der köstlichen Süßigkeiten."www.patriciapetibon.com

Kommentare