Theater an der Wien: Zwei Opern an einem Abend

Veronique Gens als Glucks Iphigenie in der Inszenierung von Torsten Fischer an der Wien.
Regisseur Torsten Fischer zeigt an der Wien zwei Gluck-Opern an einem Abend.

2010 hat Torsten Fischer im Theater an der Wien seine packende Deutung von Glucks "Iphigénie en Tauride" gezeigt. 2012 folgte mit Glucks "Iphigénie en Aulide" die nicht minder radikal inszenierte Vorgeschichte. Ab heute, Donnerstag, sind nun beide Werke (selbstverständlich in zeitlich richtiger Reihenfolge) an einem Abend zu erleben – in einer neuen Fassung und "weit düsterer und trauriger als zuvor".

Wie aber kam Regisseur Fischer auf die Idee, seine beiden Inszenierungen zu einem Abend zu bündeln? "Mich hat der Iphigénie-Stoff einfach nicht mehr losgelassen. Und da mich Wiederaufnahmen nicht interessieren, habe ich gemeinsam mit Dirigent Leo Hussain eine neue Fassung des Stoffes erarbeitet."

Theater an der Wien: Zwei Opern an einem Abend
Fischer, Torsten (Regisseur). Hier: Am 20.09.2007, Berlin.
Auf zweieinhalb Stunden (inklusive Pause) haben Fischer und sein Team die antike Tragödie rund um Iphigénie, die erst auf Aulis von ihrem Vater Agamemnon für günstigen Wind scheinbar geopfert wird und später als Gefangene auf Tauris selbst Menschenopfer darbringen soll, gestrafft. Fischer: "Ich denke, Gluck hätte diesen Blickwinkel auf das Schicksal einer Frau, die letztlich über sich hinauswächst, sehr gemocht. Und wir haben extrem behutsam in die Erzählstruktur eingegriffen."

Zwischen den Zeiten

So gibt es im Theater an der Wien zwei Iphigénien. Jene auf Aulis singt Lenneke Ruiten, jene auf Tauris verkörpert Véronique Gens. Fischer: "Wir spielen da bewusst mit den Zeitebenen. Es gibt Szenen, in denen Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft miteinander verschmelzen. " "Völlig puristisch" sei seine Inszenierung, betont der viel gefragte Regisseur. "Wir zeigen eine Welt, die unserer ähnelt. Eine Welt, die aus den Fugen ist. Der Kampf um Öl, Gold, Rohstoffe, Macht, der dazugehörige Krieg bis hin zum IS-Terror, das Schicksal der Kriegsflüchtlinge – all das wollen wir in dieser Arbeit thematisieren. Denn ganz ehrlich gesagt: Ich mache mir um dem Zustand der Welt sehr große Sorgen, ja habe sogar richtig Angst."

Immer wieder greift Fischer bei seinen Produktionen auf griechische Tragödien zurück. Warum? "Diese Tragödien sind einfach die besten Theaterstücke. Da ist bereits alles drinnen, was die Menschheit berührt. Diese Dramen haben ihre Gültigkeit seit mehr als 3000 Jahren. Und sie treffen den Nerv der Zeit oft sogar wesentlich besser als zeitgenössische Stücke", so der zwischen Oper und Sprechtheater pendelnde deutsche Regisseur.

Nach der "Iphigénie" ist wieder das Sprechtheater an der Reihe. Am 18. Dezember hat im Theater in der Josefstadt eine Bühnenfassung der Kameliendame" von Alexandre Dumas Premiere. Fischer: "Erst wollte ich das nicht machen, aber dann hatte ich in einem Traum eine Idee, wie man dieses Sujet doch aktuell umsetzen könnte."

Auf Händen getragen

Mit Roland Geyer gibt es auch bereits konkrete Pläne für einen neue Inszenierung an der Wien. Fischer: "Dieses Haus ist – wie die Josefstadt – großartig. Man wird als Künstler auf Händen getragen, solange es geht. Aber ich warne massiv vor weiteren finanziellen Kürzungen, die den Standort Wien nachhaltig gefährden könnten."

Und welche Werke würde Fischer gern noch inszenieren? "Mozarts ,Zauberflöte‘, Puccinis ,La Bohème‘ und vor allem Luigi Nonos ‚Intolleranza‘ wären echte Herzensanliegen. Vor allem Nono ist in seiner Flüchtlingsproblematik sehr modern. Denn Theater muss ja unter den Nägeln brennen."

Info: Alle Termine im Theater an der Wien finden Sie hier auf events.at.

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