Das zeigt den Konflikt, den viele Indie-Acts haben, die ambitioniert fernab vom Mainstream beginnen, aber so gut und so einzigartig klingen, dass sie sich zwangsläufig über die Jahre ein breiteres Publikum erspielen können: Vor Massen aufzutreten war nie das Ziel, ist in der Indie-Szene auch nicht unbedingt cool, aber in einer Halle muss man eben anders mit dem Publikum interagieren als in einem Club.
Mit Bravour und Würde
Berninger könnte da getrost viel selbstbewusster auftreten. Er und seine Band, die er 1999 mit den Brüderpaaren Aaron und Bryce Dessner und Scott und Bryan Devendorf gegründet hat, meistern den Spagat zwischen Musizieren und sich zur Schau Stellen mit Bravour und Würde.
Im Fokus ist bei dem Konzert allzeit die Musik. Das gelingt, weil diese Musiker versiert sind, und The National mit zwei zusätzlichen Vielinstrumentalisten neben dem üblichen Rockinstrumentarium auch Posaune und Saxofon in ihren Sound integrieren können. Es funktioniert auch, weil Berninger mit jedem Ton, den er anstimmt, dichte Atmosphäre kreiert, sei es in tiefen Tonlagen oder in den Höhen, sei es geflüstert, gesungen oder in rhythmischem Spoken-Word-Vortag über die Musik gelegt. Manchmal schreit er auch und ist dabei genauso faszinierend.
Denn nicht wenige Songs der Band beginnen sanft, werden nach und nach lauter und fordernder - bis Berninger, der eben noch der depressive Nachdenkliche war, manisch und hysterisch wirkt. „Bloodbuzz Ohio“ oder „Murder Me Rachel“ sind dabei Höhepunkte. Es gibt aber auch durchgehend melancholische Songs wie „I Need My Girl“ oder das poppige, vorwärtstreibende „Day I Die“.
Es ist die Mischung aus all dem, die das Konzert so spannend und intensiv macht. Die Showeffekte unterstützen all das nur – gezielt und elegant.
Auf einer riesigen LED-Wand sieht man die Musiker auf der Bühne agieren, immer leicht verzerrt oder in Split-Screen-Auflösung, gerade so deutlich, das man hinten genug erkennen kann, aber die Bilder nicht einzelne Musiker protzig als wichtig präsentieren.
Fast immer sind diese LED-Videos einfärbig, erstrahlen in genau der Farbe, die gerade die ganze Bühne dominiert.
„Gebt Acht vor Faschisten. Sie sind überall. Das ist ein Song über die Vereinigten Staaten von Amerika“, sagt Berninger bevor er „Fake Empire“ anstimmt und es noch einmal zauberhaft wird. Und weil das alles so schön, war legen The National in der Zugabe noch fünf weitere Songs drauf.
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