Aber während AC/DC bodenständig und erdig spielen und auftreten, hat Billy Corgan, der egomanische Sänger und Songwriter der Smashing Pumpkins immer schon eine gute Portion Größenwahn vor sich hergetragen. Die äußerte sich jüngst darin, dass das aktuelle Triple-Album „Atum“ (ausgesprochen wie „autumn“, die Jahreszeit) eine Rockoper in drei Akten ist, die an die zwei Pumpkins-Alben-Klassiker „Mellon Collie And The Infinite Sadness“ und „Machina/The Machines of God“ anknüpft.
Corgan hat das Konzept der Story in seinem Podcast mit Mitgliedern seines Wrestling Clubs besprochen, aber schlau wurde daraus kaum jemand. Und die Musik wurde von Kritikern zwar gelobt, aber eine nachhaltige Wirkung beim Publikum erzielte Corgan, der die Musikszene der 90er-Jahre maßgeblich mitgeprägt hatte, damit nicht mehr.
Vielleicht hat der 57-jährige Amerikaner die heurige Tour aus diesem Grund nicht „Atum“ genannt. Sie heißt stattdessen „The World Is A Vampire”. Das ist der erste Satz des Songs „Bullet With Butterfly Wings“, dem größten Hit der Band, was andeutet, dass Corgan mit der Show das liefert, was das Publikum hören will - eine Reminiszenz an Damals.
Die bekommen die 9000 Zuschauer in der Wiener Stadthalle tatsächlich. Gleich mit dem ersten Song „The Everlasting Gaze“ aus dem „Machina“-Album rocken die Smashing Pumpkins los, als gäbe es kein Morgen.
Corgan erinnert mit seiner Glatze und der schwarzen Kutte mit roten Knöpfen je nach Lichtstimmung und Sound des Songs wahlweise an Graf Dracula oder an einen Priester. In der Folge zieht die Band (von der ursprünglichen Besetzung sind noch Gitarrist James Iha und Drummer Jimmy Chamberlin dabei) alle Register. Alternative-Metal-Sounds wechseln mit Goth-Rock oder mit Midtempo-Weltschmerz-Songs. Alle sind sie variantenreich in den Rhythmen und in der Dynamik, und die transportierte Gefühlspalette reicht von Wut bis zu Depression und Verzweiflung.
Überraschend ist das Cover von „Zoo Station“ von U2, das mit einem Iha-Solo ein wenig chaotisch klingt und dem Original nicht nahekommt. Aber dann ist Corgan wieder ganz beim eigenen Repertoire. Fünf Songs von „Atum“ hat er in das Set eingebaut, die werden vom Stadthallen-Publikum wohlwollend beklatscht, aber auch immer dazu genützt sich den nächsten Drink zu holen, um dabei nichts das zu verpassen, was erwartungsgemäß die Stimmung in die Höhe schnalzen lässt: „Tonight, Tonight“, „Bullet With Butterfly Wings“ oder das hervorragende „Disarm“ vom „Siamese Dream“-Album, einem weiteren Smashing-Pumpkins-Klassiker.
Manchmal spielt Corgan selbst kurze Gitarren-Soli, zumeist überlässt er die aber Iha, der auch das Publikum begrüßen und die spärlichen Ansagen zwischen Songs machen darf. Iha fragt den Meister einmal, was der denn sagen möchte. Als Corgan antwortet, dass er am liebsten über seinen Selbsthass sprechen will, müssen beide lachen und spielen dann doch lieber weiter Musik - weitere Klassiker wie „Ava Adore“ oder „1979“.
Am Ende war es eine rundum ansprechende Show, die zwar ihre Höhepunkte bei den alten Fanfavoriten hatte, aber auch zeigte, dass die Paarung von kraftvollen Gitarren mit anspruchsvollen Arrangements und markanten Melodien zeitlos reizvoll ist.
Kommentare