Martin McDonaghs „The Banshees of Inisherin“ (jetzt im Kino) findet sich auf so ziemlich jeder Filmbestenliste des letzten Jahres. Das Drama um die zerbrechende Freundschaft zweier Männer, die in den 1920er-Jahren auf der fiktiven irischen Insel Inisherin leben, während auf dem Festland der Bürgerkrieg tobt, hinterlässt tiefen Eindruck.
Zum einen ist es die Kombination von Colin Farrell und Brendan Gleeson: Die beiden traten bereits in McDonaghs „Brügge sehen ... und sterben?“ gemeinsam auf und bestechen durch ihr herzergreifendes Zusammenspiel; zum anderen übernimmt die atemberaubende irische Küstenlandschaft eine eigene, tragende Rolle.
„Es war wichtig, dass der Bruch dieser Freundschaft auf einer Insel stattfindet“, erzählt Regisseur Martin McDonagh im Gespräch mit dem KURIER: „Der Umstand, dass man jemandem, mit dem man ,Schluss gemacht hat‘, trotzdem für den Rest seines Lebens täglich sehen muss, war für die Geschichte sehr wichtig.“
Aus seiner Liebe zur irischen Landschaft macht McDonagh kein Hehl: „Ich wollte den schönst möglichen, irischen Film drehen“, gibt er zu: „Ich kenne die Westküste viel besser als Dublin und die Ostküste, weil meine Eltern von dort kommen. Als Kind war ich an allen Orten, die man im Film sieht. Sie sind Teil meiner inneren, geistigen Landschaft. Von dort, wo meine Eltern jetzt wohnen, kann man auf die Insel Inishmore sehen, wo wir gedreht haben. Ich konnte sie jedes Wochenende besuchen.“
Doch so fantastisch die Landschaft auch sein mag, so grimmig entfaltet sich die Geschichte darin: „Eine der Fragen, die mich bewegt haben, war: Wie beginnen Kriege? Wie kann aus einer scheinbaren Lappalie etwas entstehen, was unverzeihlich ist? Am Ende sind beide Männer an einem Punkt, wo jede Zuneigung zwischen ihnen unmöglich geworden ist, wahrscheinlich für immer. Ich glaube, dass Bürgerkriege, aber auch Kriege im Allgemeinen, so funktionieren.“
Auch Brendan Gleeson musste sich an die Motive seines Protagonisten Colm, der sich lieber den Finger abschneidet, als mit dem Freund ein Bier zu heben, erst gewöhnen: „Eine große Einsicht war für mich, als Martin zu mir sagte: ,Am Ende handelt meine Arbeit immer von Liebe.‘ Das hat mir die Tür geöffnet. Wenn man es durch dieses Prisma betrachtet, dann handelt der Film von der Suche nach Liebe, dem Verlust von Liebe, und den Konsequenzen, die sich daraus ergeben.“
Warum sich Colm selbst verstümmelt, kann sich Brendan Gleeson nur so erklären: „Er ist verzweifelt. Für ihn geht es ums pure Überleben. Er will seine Ruhe haben und ein Leben als Künstler und Musiker führen, deswegen wehrt er den Freund ab. Aber als er sieht, was für einen Schmerz sein Verhalten nach sich zieht, versucht er, einzulenken. Gleichzeitig aber muss er für sich eine Entscheidung treffen: Will er ein künstlerisches Leben führen, oder will er nett sein? Wie groß darf das Opfer sein, das man für seine künstlerische Berufung bringt?“
Worauf er beim Erzählen niemals verzichten könnte, sei der Humor, sagt Martin McDonagh: „Ich glaube, mein Film ist recht traurig. Aber die Traurigkeit funktioniert, weil sich Humor darin findet. Ich würde keinen Film machen wollen, der nur traurig und trostlos ist. Eine Komödie zu machen, ist schwer. Noch schwerer aber ist es, eine schwarze Komödie zu machen.“
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