Terence Davies (1945 - 2023) wollte noch Stefan Zweig verfilmen

Einer der zartfühlendsten Filmregisseure der Gegenwart: Der Brite Terence Davies
Der britische Filmregisseur Terence Davies („Entfernte Stimmen – Stillleben“, "A Quiet Passion“) verstarb im Alter von 77 Jahren

Der britische Filmregisseur Terence Davies liebte Wien. Als er 2021 anlässlich der Viennale-Retrospektive seiner Filme zu Besuch kam, schwärmte er im KURIER-Gespräch davon, wie „atemberaubend, wundervoll und romantisch“ die Stadt sei. Sein nächstes Filmprojekt plante er hier zu drehen: Es handelte sich um die Verfilmung von Stefan Zweigs „Rausch der Verwandlung“ (englischer Titel: „The Post Office Girl“).

Dazu wird es nun leider nicht mehr kommen: Terence Davis starb am Samstag im Alter von 77 Jahren "friedlich in seinem Zuhaue“, wie sein Management verlautete. Damit verlor die Welt einen der singulärsten und zartfühlendsten britischen Regisseur der Gegenwart.

Terence Davies wurde 1945 als jüngstes Kind in eine katholische Arbeiterfamilie in Liverpool geboren. Seine Kindheit war von einem prügelnden Vater und einem autoritären Schulsystem geprägt. In seinem ersten Kurzfilm „Children“ (1976), gedreht meist bei natürlichem Licht („Mein Lieblingsmaler ist Vermeer!“), verarbeitet er in weichen Schwarzweiß-Tönen die Schrecken einer einsamen Jugend im Schatten des tyrannischen Vaters. Auch die sehnsuchtsvollen Nachfolgearbeiten „Entfernte Stimmen – Stillleben“ (1988) und „Am Ende eines langen Tages“ (1992) führen in die Kindheit zurück.

Trotz der horriblen Erfahrungen, die massiv in seine Filme eindringen, sind die frühen Werke getränkt in liebevolle Erinnerungen an die innige Beziehung zur Mutter, freudvolle Runden mit singenden Nachbarn im Pub und Besuchen im Kino.

Terence Davies stammte aus Liverpool, konnte aber die Beatles nicht leiden („Boring!“) und liebte stattdessen „Singin’ in the Rain“ und klassische Musik. Zudem war er kein Mann, der viel Zeit vor dem Fernseher verbrachte.

"Akte X“ habe er nie gesehen, behauptete er, besetzte aber trotzdem Serienstar Gillian Anderson in der Hauptrolle seiner vortrefflichen Edith-Wharton-Verfilmung „The House of Mirth“ (2000). Auch "Sex and the City“ konnte er nicht leiden, entdeckte dort jedoch Cynthia Nixon (in der Serie Anwältin Miranda) für sein Bio-Pic „A Quiet Passion“(2016) über die Lyrikerin Emily Dickinson. Anlässlich des Todes von Terence Davies schrieb Nixon auf Instagram: „Mit dir zu arbeiten, war ein Höhepunkt meiner Karriere und meines Lebens.“

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