Sandra Bullock spielt eine fade Anzugratte

Taffe Mädels
Sandra Bullock und Melissa McCarthy als Polizistinnen schießen den Männern in die Eier – auweia.

Fans von „Brautalarm“ werden enttäuscht sein. Regisseur Paul Feigs Nachfolgekomödie ist nicht annähernd so lustig wie jene über die Brautjungfern, die von Durchfallattacken geschüttelt werden. Dafür niest Sandra Bullock eine Erdnuss.

„Taffe Mädels“ unternimmt einen wackeren Versuch in Richtung Feminisierung des typischen Männer-Genres „Buddy Movie“ – auf gut Deutsch „Kumpelfilm“. Anstelle von harten Knaben wie Starsky und Hutch prügeln sich nun zwei taffe Mädels wie Sandra Bullock und Melissa McCarthy durchs Polizeirevier. In bewährter Good-Cop/Bad-Cop-Manier jagen sie einen Bostoner Drogenbaron.

Das hat Vorteile: Zum einen sehen wir einen Film, in dem nicht am Ende ein romantischer Kuss eine Liebesgeschichte besiegelt. Oder in dem die Hauptdarstellerinnen höchstens 25 Jahre alt sein und Kleidergröße X-Small tragen müssen. Zum anderen darf die kugelige Melissa McCarthy wieder einmal die Sau rauslassen. Sie zielt mit der Pistole auf die Weichteile der Männer, hält in ihrem Eiskasten ein mehrwöchiges Käsesandwich und Handgranaten kühl; und verwendet das F-Wort so oft, wie andere Leute Luft holen.

Sandra Bullock wiederum – die nächstes Jahr für Hollywood-Verhältnisse steinalte 50 wird – spricht bemerkenswerte Sätze wie: „Ich finde, meine Vagina wird falsch repräsentiert“, oder: „Dieser Rock ist so kurz, dass man meinen Gebärmutterhals sehen kann.“

So viel zum Humor.

Insgesamt schafft es Feig aber nur selten, die durchwegs vorhandene Chemie zwischen seinen beiden Hauptdarstellerinnen auf die anarchische Spitze zu treiben. Melissa McCarthy zum Beispiel ist eine Meisterin der Körperkomik. Wenn sie über einen Zaun hechtet und wie ein brummender Käfer auf den Boden klatscht; oder ihren Leib durch ein Autofenster zwängt, sieht das unglaublich witzig aus. Auch ein kurzer Schlagabtausch mit dem Busen der Kollegin ist ziemlich spaßig.

Nichts ist peinlich

„Anzugratte“ Sandra Bullock als ihre kongeniale Partnerin – schlank, wohlerzogen, fad – bietet der randalierenden McCarthy die perfekte Bühne. Neben ihr ist einfach nichts peinlich. Bullock kann in Ruhe Erdnuss und Rotz aus dem Nasenloch trompeten und mit 80-Jährigen schmusen. Doch immer, wenn die Komödie so richtig außer Rand und Band geraten könnte, schlägt der (absehbare) Plot zu und drängt auf Weitererzählung.

McCarthy darf in erster Linie unflätig schimpfen – und das in brüllender Lautstärke (offensichtlich verwechselt der Regisseur Dicksein mit Lautsein). Ihre proletarischen Verwandten sind dümmer, als die Polizei erlaubt. Auch der forcierte Machismo der beiden Damen grenzt manchmal eher an Rambo-Verherrlichung als an feministische Selbstverwirklichung: Einem Ganoven tatsächlich zwischen die Beine zu ballern, ist auch für abgefahrene Komödienverhältnisse begrenzt lustig.

Wie dem auch sei: Der Schluss von „Taffe Mädels“ ist euphorisch – und lässt darauf schließen, dass Fortsetzungen folgen. Unvermeidlich.

Info: USA 2013. 117 Min. Von Paul Feig. Mit Sandra Bullock, Melissa McCarthy, Marlon Wayans.

KURIER-Wertung: *** von *****

Pedro Almodóvar ging in die Luft. Sein neues Boulevard-Stück spielt über den Wolken, wo die Liebe nicht grenzenlos, aber unbegrenzt stattfindet. In einem Flugzeug, das wegen Gebrechens Notschleifen zieht, bricht libidinöse Anarchie aus. Die schwulen Stewards haben die Economy Class mit Drogen eingeschläfert und feiern Party in Kabine. An ihre Seite gesellen sich dubiose Passagiere der ersten Klasse. Eine Edelprostituierte; ein Steuerflüchtling; ein Soap-Darsteller. Apropos: Der Soap-Opera kommt Almodóvar am nächsten, allerdings in ausgelaugter Form. Selbst die Tanznummer zu den Pointer Sisters – „I’m so excited“ – vermisst die poppige Extremenergie, die seine Filme immer wieder ausstrahlen. Stattdessen halblustiger Tratsch, Blow Job hier, Geschlechtsverkehr da. Die, die nichts mitkriegen, sind die Menschen in der zweiten Klasse. Sie liegen bewusstlos, während die Upper Class ihre Schäfchen ins Trockene bringt. Als Kommentar zur spanischen Krise vielleicht nicht umsonst so ironielos.

Info: E 2013. 90 Min. Von Pedro Almodóvar. Mit Alex Acero, Benito Morón, Cecilia Roth.

KURIER-Wertung: **** von *****

Warum ist die Märchenfee so fett? Kindern entgeht nichts, auch wenn sich Ziehvater Gru mal schnell als Geburtstagsüberraschung verkleiden wollte. Gru, Ex-Bösewicht und Dieb des Mondes, ist Vater geworden. Erst, als ihn eine Agentin entführt und für die Anti-Verbrecher-Liga engagiert, wird Gru aktiv – auf Seiten des Gesetzes.

Nicht ganz so innovativ wie im ersten Teil, aber immer noch einfallsreich und spaßig, kämpft sich der spitznasige Gru mit seinen absurd dünnen Beinen durchs James-Bondianische Abenteuer. Ihm zur Seite stehen wieder die allseits beliebten ein- bis zweiäugigen Minions. Selbst die Liebe kommt nicht zu kurz – beim Küssen stechen sich Gru und die Geliebte mit ihren spitzen Nasen fast die Augen aus.

Info: USA 2013. 98 Min. Von Pierre Coffin und Chris Renaud. Dt.: Oliver Rohrbeck.

KURIER-Wertung: **** von *****

"Clara und das Geheimnis des Bären"
Eine Geistergeschichte aus den Schweizer Alpen: Die Fantasie eines 13-jährigen Mädchens lässt Vergangenheit und Gegenwart verschmelzen. Berührende Coming-of-Age-Geschichte mit einem Schuss Horror.

KURIER-Wertung: **** von *****

"Der Papst ist kein Jeansboy"
Hermes Phettberg möchte 109 Jahre alt werden, beinhart. Der Wiener Provokateur, der mit seiner Frage „Frucade oder Eierlikör?“ in den 90er-Jahren mit seiner „Nette Leit“-Show TV-Geschichte schrieb, ist heute nach Schlaganfällen und Herzinfarkt ein Sozialfall. Er gräbt in seiner vollen Wohnung herum („Allein wie die Hölle“), spricht schleppend und wiederholt jeden Satz gerne mindestens zwei Mal („wahrlich, wahrlich“). Der deutsche Regisseur Sobo Swobodnik liefert ein berührendes Film-Porträt in Schwarz-Weiß, Josef Hader spricht das Voice-Over.

KURIER-Wertung: **** von *****

"QUID TUM"
Eine Domina steckt einen Mann in die Zwangsjacke. Eine ältere Dame antwortet auf Kontaktanzeigen. Ihre Tochter hinterlässt Fußabdrücke an der Wand. Bizarre, oft witzige (Tanz-)Vignetten von der Performancekünstlerin und Regisseurin Mara Mattuschka.

KURIER-Wertung: **** von *****

"Confession"
So schlimm, wie die britische Presse behauptet, ist es nicht – aber tatsächlich ist Skandal-Musikant Pete Doherty kein begnadeter Schauspieler. Wie ein trauriges Käuzchen stapft er durch einen uninspiriert-faden Kostümfilm und leidet – Dandy, der er ist – schwülstig an der Liebe. An seiner traurigen Seite Charlotte Gainsbourg. Am Ende singt Doherty einen neuen Song – wenigstens der ist ziemlich schön.

KURIER-Wertung: *** von *****

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