Steuersenkung für Kultur: "Geste, die das Überleben nicht rettet"
Die Ankündigung der Bundesregierung, den Mehrwertsteuersatz von Juli bis Jahresende auch im Kulturbereich auf fünf Prozent zu reduzieren, wird von der Branche grosso modo begrüßt. Der Verleger Benedikt Föger, Präsident des Hauptverbands des Österreichischen Buchhandels, bringt es auf den Punkt: „Das ist fantastisch!“ Denn Österreich ziehe mit Deutschland mit, was die Sache sehr vereinfache.
Im Theaterbereich stellt sich allerdings die Frage, ob die Senkung der Mehrwertsteuer zu einer Preisreduktion führen wird. Franz Patay, Chef der Vereinigten Bühnen Wien, sagt gegenüber dem KURIER: „Wir geben die Mehrwertsteuersenkung weiter – selbstverständlich.“ Für das Theater in der Josefstadt ist die Mehrwertsteuersenkung als Ankurbelung für das Kulturleben „auch in unserem Sinne“; man werde daher „die entsprechenden Durchführungsbestimmungen und Richtlinien des Finanzministeriums umsetzen“.
Christian Kircher, Geschäftsführer der Bundestheater-Holding, sieht die Angelegenheit differenziert. „Ganz ehrlich: Ich weiß noch nicht, wie wir damit umgehen. Wir verkaufen ja längst Karten für die nächste Saison - mit einem bestimmten Preisgefüge. Wir werden die Mehrwertsteuersenkung nächste Woche besprechen. Die Maßnahme soll ja die Nachfrage ankurbeln, aber auch den Kulturinstitutionen helfen. Ein Beispiel: Für die Volksoper war eine Anhebung der Preise geplant. Wir haben sie aber dann doch nicht durchgeführt - wegen Corona. Aber wie gesagt: Ich weiß es noch nicht, wie wir vorgehen.“
Auch die Museen wollen sich noch nicht recht festlegen. „Wir begrüßen alles, was Erleichterungen bringt, müssen aber erst einmal besprechen, in welcher Form das umgesetzt wird", erklärt Nina Auinger vom KHM. Wichtiger als die Mehrwertsteuer-Frage werde die Regierungsklausur kommende Woche werden, in der „Rettungsmaßnahmen“ für die Museen verhandelt werden sollen.
Schröder: Weitergabe an Besucher nicht sinnvoll
Klaus Albrecht Schröder, Direktor der Albertina, will zunächst auf den Gesetzestext warten, der von der EU genehmigt werden muss. Sinn einer solchen Mehrwertsteuersenkung sei es, NICHT weitergegeben zu werden, sondern den Institutionen eine leichte Verbesserung der Finanzlage zu ermöglichen. Allerdings sei die Steuersenkung bei einem Mindereinnahmenszenario von 9 bis 11 Millionen Euro für die drei großen Bundesmuseen (Albertina, KHM, Belvedere) bloß „eine Geste, die das Überleben nicht rettet“. Denn die Ersparnis würde in der Albertina zwischen 30 und 73 Cent pro Besuch bringen, bei 300.000 Besuchern (optimistische Schätzung bis Jahresende) käme man auf 150.000 bis 220.000 Euro.
Kinos: Preissenkung über einzelne Aktionen
Man habe "intensiv darum gekämpft", sagt der Präsident des Österreichischen Kinoverbandes, Christian Dörfler, aber die Ankündigung der Senkung der Mehrwertsteuer sei für die Kinos zu diesem Zeitpunkt ebenso „überraschend gekommen“ wie die Möglichkeit zur Öffnung der Kinos bereits Ende Mai. „Wie genau die österreichischen Kinos damit umgehen werden, kann ich daher noch nicht sagen“, erklärt Dörfler. Es werde auch keine Empfehlung des Verbandes dazu geben. Vorstellbar sei, dass man „die besonders von der Corona-Krise betroffenen Familien mit entsprechenden Ermäßigungen unterstützt“, etwa über spezielle Familien-Ticket-Aktionen. Das habe ein großer Kinobetreiber ihm gegenüber angekündigt, und das plane er, Dörfler, auch für sein eigenes Kino, das English Cinema Haydn in Wien. Die Aussagen von Ministerin Elisabeth Köstinger habe er so gelesen, dass die Maßnahme eher den Unternehmen zugutekommen soll. Bei den Kinos werde es „wohl eine Mischung aus beidem“ sein. Zuletzt, bei der Steigerung der Mehrwertsteuer von zehn auf dreizehn Prozent, „haben die Kinos einen Teil selbst geschluckt“, sagt Dörfler. Schließlich sei „eine lineare Preissenkung bei Kinos schwer vorstellbar“, gibt er zu bedenken, „weil man für einen Kinobetrieb unübliche Preise mit 1-Cent-Schritten vermeiden möchte“.
Skeptisch auf die Ankündigung der Regierung reagierte Thomas Drozda, Kultursprecher des SPÖ: Eine befristete Senkung der Umsatzsteuer helfe nur jenen Künstlern und kulturellen Institutionen, die überhaupt Einnahmen haben. „Und sie hilft sicher dem größten Buchhändler Amazon.“ Jenen allerdings, die (fast) keine Einnahmen haben, „wird diese Maßnahme kaum etwas bringen“.
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