Für ihn soll es rote Rosen regnen

Ein großer Musiker, Lehrer, Erneuerer: Star-Dirigent Claudio Abbado ist 80-jährig gestorben.

Als Claudio Abbado 2002 im Wiener Musikverein sein Abschiedskonzert als Chefdirigent der Berliner Philharmoniker leitete, begab sich selten Erlebtes und zutiefst Berührendes: Von allen Seiten regnete es minutenlang rote Rosen auf das Podium. Am Ende stand der große Maestro in einem Meer von Blumen.

Wien feierte schon damals einen einzigartigen Künstler, der nicht immer auf so viel Zuspruch gestoßen war. Nun, zwölf Jahre später, gilt es endgültig Abschied zu nehmen von einem Künstler und ebenso großen Menschen, der auf Aufnahmen, in den Herzen und in der Erinnerung so vieler Musikliebhaber unsterblich ist. Claudio Abbado starb im Alter von 80 Jahren in Bologna im Kreise seiner Familie. Er sei „unbeschwert“ eingeschlafen, heißt es. Was für Abbado, der so lange unter der schlimmen Krankheit gelitten hatte, fast ein Geschenk ist. Für ihn, den Meister aus Mailand, soll es weiterhin rote Rosen regnen. Immer.

Claudio Abbado: Stardirigent ohne Allüren

Für ihn soll es rote Rosen regnen

Archivbild Claudio Abbado
Für ihn soll es rote Rosen regnen

Für ihn soll es rote Rosen regnen

CLAUDIO ABBADO CONDUCTS AT PALERMO'S TEATRO MASSIM
Für ihn soll es rote Rosen regnen

Für ihn soll es rote Rosen regnen

Für ihn soll es rote Rosen regnen

Claudió Abbado CD…
Für ihn soll es rote Rosen regnen

DSC_6050.jpg
Für ihn soll es rote Rosen regnen

Für ihn soll es rote Rosen regnen

GERMANY - ABBADO
Für ihn soll es rote Rosen regnen

SWITZERLAND MUSIC LUCERNE FESTIVAL
Für ihn soll es rote Rosen regnen

SWITZERLAND MUSIC LUCERNE FESTIVAL
Für ihn soll es rote Rosen regnen

SWITZERLAND FESTIVAL
Für ihn soll es rote Rosen regnen

ITALIAN CONDUCTOR CLAUDIO ABBADO CONDUCTS THE BERL
Für ihn soll es rote Rosen regnen

SWITZERLAND MUSIC LUCERNE FESTIVAL

Förderer

Geboren wurde Abbado am 26. Juni 1933 in der Stadt der Scala, der er später, von 1968 bis 1986, auch als Musikdirektor vorstehen sollte. Er war der Sohn eines Geigers und einer Klavierlehrerin.

Das Lehren blieb ihm selbst Auftrag: Wie wenige andere kümmerte sich Abbado um den Nachwuchs, um die nächste und übernächste Generation. In Tanglewood, wo er 1958 mit dem Gewinn des Kussewitzky-Preises den Durchbruch geschafft hatte. Und überall anders, auch in Wien. In dieser Stadt, die seit Abbados Wirken eine andere ist, initiierte er das Festival Wien Modern, gemeinsam mit Hans Landesmann, der wenige Monate vor Abbado seinen letzten Weg angetreten hatte. Er gründete das Mahler Jugendorchester. Er trug den Titel eines Wiener Musikintendanten, wobei man nie genau wusste, was das eigentlich sein sollte.

Erneuerer

Aber bei Abbado war es ja nicht so wichtig, was er war, sondern dass er war. Dass er im konservativen Wien so viel aufbrach. Dass er das Repertoire der Staatsoper wesentlich erneuerte. Und dass er stets Signale Richtung Moderne setzte. Als Generalmusikdirektor am Ring, in der Intendanz von Claus Helmut Drese (1986 – 1991), leitete er spektakuläre Neuproduktionen. Insgesamt dirigierte er dort 173 Vorstellungen. Opernbegeisterte erinnern sich gerne an legendäre Aufführungen wie jene von Bergs „Wozzeck“ oder von Rossinis „Viaggio a Reims“. Und freilich an Sternstunden in Salzburg, zu Ostern, im Sommer.

Seine Direktoren-Ära in Wien hatte er 1986 mit Verdis „Maskenball“ eröffnet und mit „Elektra“ beendet. Dazwischen gab es einen heute legendären Mozart-Zyklus, bei dem Abbado auch Kollegen wie Nikolaus Harnoncourt oder Sylvain Cambreling den Vortritt ließ. Im Mozartfach gilt Abbado nach wie vor als erste Instanz, als Genie, das Leichtigkeit mit Klangkultur und Tiefgang zu verbinden wusste.

An der Mailänder Scala hatte er künstlerisch eine große, menschlich aber nicht die erfüllendste Zeit seines Lebens. Und bei den Berliner Philharmonikern, die er 1989 nach Herbert von Karajan übernahm, wurde viel über seinen Richtungswechsel, hin zu einer Öffnung des Repertoires, aber auch über seinen Stil, weg vom diktatorischen Umgang, diskutiert. Als Mitmensch war Abbado nämlich vielen ebenso bedeutend wie als Dirigent.

Er war ein wichtiger Denker, Forscher, Analytiker, ein Mensch mit profunder Kenntnis, großer Substanz. Wenn er Konzerte leitete, schuf er regelmäßig besondere Erlebnisse. Mit Händen, die alle Sprachen beherrschten und Überzeugungskraft ausstrahlten. Mit einer Phrasierungskunst und einer Musikalität, die man kaum erlebt.

Im Jahr 2000 war bei ihm Krebs ausgebrochen, gegen den er tapferst ankämpfte. Mit Musik als Medizin, die er sich am Pult des Festivalorchesters Luzern oder beim zuletzt von ihm gegründeten Mozart Orchester zu sich nahm. Dass letzteres soeben in Finanzschwierigkeiten geriet, ist leider auch ein Symbol für eine Welt, die nach Abbado eine andere sein wird. Ein Gigant ist in Sphären entschwunden, die er mit seiner Musik schon oft erreicht hatte. Adieu!

Die italienische Kultur und Politik kondolierte am Montag der Familie des Maestro, der im Alter von 80 Jahren in seiner Wohnung in Bologna verstorben ist. Zu den ersten Kondolenzschreiben, die die Familie Abbado erhielt, zählt jenes von Italiens Premier Enrico Letta. "Mit seinem Talent, seiner Hingabe und den außerordentlichen Resultaten, die Abbado im Laufe seiner langen Karriere auf nationaler und internationaler Ebene errungen hat, war er ein Bezugspunkt für ganz Italien und weit darüber hinaus. Die Welt der Musik und der Kultur verliert einen absoluten Protagonisten. Uns bleiben sein Zeugnis und Beispiel, ein Beispiel vor allem für die jungen Leute, für die sich Claudio Abbado so sehr eingesetzt hat“, schrieb Letta.

Italiens Präsident Giorgio Napolitano hob die Willensstärke hervor, mit der Abbado die Krebskrankheit bekämpft habe, an der er schon seit Jahren litt. Abbado habe in Europa und in der ganzen Welt die große Musiktradition Italiens geehrt und mit seiner tiefen Sensibilität neue Wege für eine reichere Entwicklung in den Beziehungen zwischen Kultur und Gesellschaft beschritten, kommentierte der italienische Präsident.

Um Abbado trauert auch sein Kollege Riccardo Muti. "Abbado ist ein großartiger Musiker, der jahrzehntelang die Geschichte der Orchesterleitung in den internationalen Institutionen geprägt hat. Er war ein großartiger Zeuge der wahren italienischen und europäischen Kultur in der Welt. Er hat mit Mut gegen eine lange und schreckliche Krankheit gekämpft und dabei die Strenge und Ernsthaftigkeit bewiesen, die sein Leben als Musiker und Dirigent gekennzeichnet haben", kommentierte Muti.

"Ich war Abbados Assistent und habe ihn zuerst als Lehrer und dann als Freund für den Rest meines Lebens erlebt. Abbado hat das Beste unserer Musiktradition im Ausland vertreten. Seit heute ist Italien ärmer", kommentierte der Dirigent Riccardo Chailly.

Bestürzt zeigte sich auch der britische Stardirigent italienischer Abstammung, Antonio Pappano. "Abbado war für Italien und die Welt ein einmaliger und visionärer Geist. Er war von jedem Standpunkt aus betrachtet ein Gigant. Er war wie ein König Midas. Alles, womit er sich beschäftigte, strahlte mit einem kraftvollen Licht", so Pappano.

Tiefe Bestürzung löste Abbados Tod im Mozart-Orchester aus, das der Stardirigent 2004 zur Förderung junger Talente gegründet hatte. "Bis Donnerstag hatte Abbado noch eine Schumann-Symphonie einstudiert. Er dirigierte mit 80 Jahren wie mit 18. Er hatte ein Orchester mit jungen Menschen gebildet, die für die Musik lebten. Er war einer der wenigen Dirigenten, der die Musik aus den Fesseln der Erde befreien konnte", kommentierte Massimo Biscardi, Kunstdirektor des Mozart-Orchesters.

Der Mailänder Bürgermeister Giuliano Pisapia will ein Konzert zu Ehren Abbados in der Scala aufführen. "Mit Abbados Tod verliert Mailand nicht nur einen einmaligen Dirigenten, sondern einen Menschen der Kultur, der in seine Stadt verliebt war", erklärte Pisapia. Er habe Scala-Intendanten Stephane Lissner aufgerufen, ein Konzert zu Abbados Ehren zu organisieren. "Ich werde mich dafür einsetzen, dass Maestro Abbado in seiner Stadt und in seinem Haus, der Mailänder Scala, geehrt wird", so Pisapia.

Die Wiener Staatsoper trauert um den Dirigenten und ihren ehemaligen Generalmusikdirektor (1986 bis 1991) Claudio Abbado. "Die Musikwelt hat heute einen der ganz Großen verloren", so Staatsoperndirektor Dominique Meyer, der sich in einer Aussendung "persönlich trief betroffen" zeigte. Zum Gedenken hisst die Staatsoper die schwarze Flagge.

Die Konzerte mit Abbado, die er erleben durfte, werde er "nie vergessen", so Meyer. "Er hat aber nicht nur künstlerisch tiefe, bedeutende Spuren etwa in Mailand, Wien, Berlin, Salzburg und zuletzt Luzern hinterlassen, sondern auch nachhaltige strukturelle Visionen in die Tat umgesetzt und somit Generationen von Musikern geprägt."

Als Assistent von Abbado in dessen Zeit an der Wiener Staatsoper war der heutige Generalmusikdirektor, Franz Welser-Möst tätig. Von ihm, "der ein sehr umgänglicher und kollegialer Künstler war, konnte ich in meiner Zeit als sein Assistent wichtige musikalische Standpunkte kennenlernen und ins Leben mitnehmen", so Welser-Möst. "Ich habe ihn für sein enormes Arbeitspensum sehr bewundert, genauso wie für seine Beharrlichkeit und Zielstrebigkeit, mit der er Projekte anging, die ihm ein Anliegen waren." Mit dem Festival "Wien Modern" und dem Gustav Mahler Jugendorchester habe er zwei "Meilensteine" gesetzt, "die in Wien stets an ihn erinnern werden".

Erstmals im Haus am Ring war Claudio Abbado vor 30 Jahren - am 22. März 1984 - bei der Premiere von Verdis "Simon Boccanegra" aufgetreten. Seither dirigierte er insgesamt 16 Werke in 173 Vorstellungen, darunter Premieren von "Don Carlo", "Don Giovanni", "Chowanschtschina", "Fierrabras", oder "Wozzek". Zum letzten Mal stand er bei einer Vorstellung von "Boris Godunow" vor fast 20 Jahren am Staatsopern-Pult. Die "Boris Godunow"-Vorstellung am kommenden Donnerstag (23. Jänner) wird dem Gedenken an Abbado gewidmet sein.

Kulturminister Josef Ostermayer (SPÖ) würdigte den Verstorbenen als einen der "bedeutendsten Dirigenten der Gegenwart, der es wie kaum jemand anderer verstanden hat, einen unvergleichlichen Klang zu erzeugen". Durch seine enge Verbundenheit mit Wien und Salzburg werde er "auch für Österreich unvergesslich bleiben".

"Maestro Abbado zählte zu den führenden Dirigentenpersönlichkeiten unserer Zeit", so Wiens Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) in einer Aussendung. "Obwohl musikalisch auf der ganzen Welt zu Hause, hatte er eine besonders starke Bindung zu Wien, ob als Student, als Musikdirektor der Wiener Staatsoper oder als Generalmusikdirektor der Bundeshauptstadt Wien - ein Titel, der eigens für ihn geschaffen wurde." Neben seinem unermüdlichen Einsatz für die Jugend habe Abbado "viele Grenzen überschritten und neue Brücken geschlagen. Sein Einsatz - vor allem auch für die Neue Musik - hat das Musikleben in Wien nachhaltig geprägt und das Wiener Publikum viele Jahrzehnte begeistert".

Auch beim Festival Wien Modern, das Abbado vor 26 Jahren mitbegründet hat, wird getrauert. "Seine Energie und seine Beharrlichkeit haben ein neues, keineswegs selbstverständliches Kapitel in der Wiener Musikgeschichte aufgeschlagen", so Festivalleiter Matthias Losek: "Wir haben mit ihm einen ganz großen Musiker, Menschen und Visionär verloren." Wien und Wien Modern "haben ihm unendlich viel zu verdanken. Wir werden sein Vermächtnis, neue Musik allen Interessierten zugänglich zu machen, stets hochhalten. Unser Mitgefühl gilt seiner Familie."

"Der Tod Claudio Abbados ist für die gesamte Musikwelt ein schwerer Verlust", bedauerte die Präsidentin der Salzburger Festspiele, Helga Rabl-Stadler, im APA-Gespräch. In Salzburg habe man Abbado besonders Dank zu sagen. Zum einen habe er nach Herbert von Karajan von 1994 bis 2002 die künstlerische Leitung der Osterfestspiele übernommen, "zum anderen hat er hier mit vielen verschiedenen Orchestern Musikereignisse von besonderer Qualität geschaffen".

Abbado sei 1965 von Karajan nach Salzburg geholt worden und habe als erstes Konzert mit den Wiener Philharmonikern Mahlers 2. Symphonie dirigiert. Und schon damals habe ein Kritiker im KURIER gemeint, es sei das schönste Konzert des Sommers gewesen. Diesem Konzert seien viele weitere Sternstunden in Salzburg gefolgt, "und dafür sind wir besonders dankbar", sagte die Präsidentin.

"Hat in Wien unendlich viel bewirkt"

Einen seiner "nicht nur beruflich sondern auch privat besten Freunde" hat Musikvereins-Chef Thomas Angyan mit dem Tod von Claudio Abbado verloren. "Mit seinem Einsatz für die Neue Musik hat er in Wien unendlich viel bewirkt - in einer Stadt wo die Neue Musik nicht zum Alltag gehört hat", so Angyan im Gespräch mit der APA. Zuletzt habe er Abbado im Dezember in Bologna besucht.

Obwohl Abbados Tod ein "schlimmer Verlust" für die ganze Musikwelt sei, müsse man es "auch so sehen, dass ihm nach seiner schweren Krankheit im Jahr 2000 noch dreizehn Jahre geschenkt wurden, in denen er uns noch so viel Musik gegeben hat, die uns bleiben wird. Dafür muss man eigentlich dankbar sein."

Angyans persönliche Freundschaft mit dem Dirigenten geht auf 1979 zurück, als die beiden - Angyan damals noch bei der Jeunesse - erste Planungen für ein Europäisches Jugendorchester aufnahmen. "Da hat eine ganz intensive Freundschaft begonnen, die dazu geführt hat, dass Abbado, Hans Landesmann und ich das Gustav Mahler Jugendorchester gegründet und die ersten zwei Jahre noch rund um den Eisernen Vorhang organisiert haben", erinnert sich Angyan. "Sie hat auch zum Festival Wien Modern geführt."

In Wien habe Abbado vor allem durch dieses Festival "eine ganz, ganz wichtige Funktion eingenommen", im Musikverein sei er auch in seinen Jahren als Chefdirigent der Berliner Philharmoniker "jede Saison zu Gast" gewesen "und er hat immer betont, dass das Auftreten im Musikverein für ihn der absolute Höhepunkt war". Mit dem von ihm gegründeten Orchestra Mozart hatte Abbado erst 2012/13 wieder eine Reihe jährlicher Residenzen begonnen - die zweite wäre für den kommenden Juni geplant gewesen.

Mit Claudio Abbado ist eine "der ganz großen, ganz wichtigen Persönlichkeiten für diese Stadt" gestorben, betont auch Konzerthaus-Direktor Matthias Naske im Gespräch mit der APA. "Er hat unendlich viel für das kulturelle Leben gemacht und uns in unserer Entwicklung sehr geholfen, Altem und Neuem mit gleichem Mut und gleicher Leichtheit in der Rezeption entgegenzusehen."

Als "wichtigen Wegbereiter", aber auch als "ganz wunderbaren Menschen" wird Naske, den mit Abbado seit der gemeinsamen Zeit beim Gustav Mahler Jugendorchester eine "langjährige Freundschaft" verband, den Dirigenten in Erinnerung behalten. "Er hat einerseits unglaublich viel bewegt und über seinen Charme die Menschen für seine Sache gewonnen - aber andererseits immer der Sache gedient. Er war immer auf der Suche nach einer musikalischen Wahrheit - die ihn auch so stark und so faszinierend gemacht hat."

Die Berliner Philharmoniker haben ihren langjährigen Chefdirigenten als außerordentlichen Musiker und Menschen gewürdigt. Der Tod Abbados sei ein "unendlich schwerer Verlust", erklärte das Orchester am Montag auf seiner Homepage. "Seine Liebe zur Musik und seine unstillbare Neugier waren uns Inspiration und haben unser musikalisches Schaffen seit seinen ersten Konzerten mit uns im Jahr 1966 geprägt. Wir sind stolz, ihn zu unseren Chefdirigenten zählen zu können und Teil seines musikalischen Erbes zu sein."

Auch beim Schweizer Lucerne Festival zeigte man sich am Montag tief betrübt über den Tod von Claudio Abbado. Der Meisterdirigent habe mit dem von ihm initiierten Lucerne Festival Orchestra dem Event zu einem künstlerischen Höhenflug verholfen, teilte Intendant Michael Haefliger mit. Abbado war am Lucerne Festival seit 47 Jahren aufgetreten. Er habe neben Pierre Boulez den wohl größten Beitrag zum Festival geleistet, so Haefliger gegenüber der Schweizer Presseagentur sda. Er sei ein Visionär gewesen, der seine Visionen habe umsetzen können. Abbado sei ein feiner und stiller Mensch gewesen, auf der Bühne aber ein Vulkan.

Abbados Ableben macht Dirigenten-Kollegen Christian Thielemann "tief traurig", wie es in einer Aussendung der Salzburger Osterfestspiele heißt. Viele Aufführungen unter seiner Leitung seien ihm in "unvergesslicher Erinnerung. Ich habe es immer bewundert, wie es ihm gelang, in seinen Interpretationen Emotion und Intellekt miteinander zu verbinden."

Für Thielemann war Abbado "ein außergewöhnlicher Opern- und Konzertdirigent und zugleich ein ungemein sympathischer und bescheidener Kollege. Sein Tod ist ein großer Verlust für die Musikwelt." Auch Osterfestspiel-Intendant Peter Alward betont, dass die klassische Musikwelt "einen ihrer größten Interpreten" verloren habe. "Diejenigen, die das Glück hatten, mit ihm arbeiten zu dürfen, konnten nicht umhin, von den höchsten Maßstäben, die er an sich und andere anlegte, sowie von seinem Charisma nachhaltig positiv beeinflusst zu werden. Es ist ein Glücksfall, dass so vieles von seiner Arbeit für die Nachwelt bewahrt werden konnte, zum großen Vorteil künftiger Generationen." Als künstlerischer Leiter stand Abbado den Osterfestspielen von 1994 bis 2002 vor.

Auch Daniel Barenboim hat Abbado als "Pionier" gewürdigt. Abbado habe eine enge Beziehung mit dem Geist der Musik gehabt, über die Grenzen der musikalischen Genres hinweg, erklärte der Generalmusikdirektor der Berliner Staatsoper am Montag. "Ich kannte Claudio Abbado seit Anfang der 50er Jahre. 1956 absolvierten wir gemeinsam einen Dirigierkurs in Siena und seitdem verband uns eine lange musikalische und menschliche Freundschaft", sagte Barenboim. Er hob Abbados Einsatz für die zeitgenössische Musik sowie die Gründung zahlreicher Jugendorchester hervor. "In dieser Hinsicht war er ein Pionier, der während seiner gesamten Karriere mit jungen Musikern arbeitete, sie forderte und förderte", sagte Barenboim.

Der "Kulturmontag" in ORF 2 (22.30 Uhr) bringt heute, Montag, den 20.1., einen Nachruf.

In der Nacht von Montag auf Dienstag, den 21.1. ist in der Ö1-"Opern-Nacht" (0.08 Uhr) Giuseppe Verdis "Simon Boccanegra" zu hören: Abbado leitet Chor und Orchester der Mailänder Scala, Solisten sind Mirella Freni (Amelia), Piero Cappuccilli (Simon Boccanegra), Nicolai Giaurov (Fiesco), José Carreras (Gabriele Adorno) u.a.

Im "Konzert am Vormittag" (10.05 Uhr) steht am Dienstag, 21.1., eine Aufnahme mit dem Lucerne Festival Orchestra vom September 2012 auf dem Programm von Ö1 - mit Mozarts Klavierkonzert KV 453, Solist ist Maurizio Pollini, und Bruckners ersten Symphonie. "Der Operndirigent Claudio Abbado" ist Thema von "Apropos Musik" (15.05 Uhr).

Am Sonntag, den 26. Jänner zeigt ORF 2 in der "Matinee am Sonntag" (9. 35 Uhr) die Dokumentation "Claudio Abbado und das Lucerne Festival Orchestra".

Kommentare