Der Zwölf-Punkte-Plan des Bürgermeisters
Seit Wochen regiert zwischen Rot und Grün die Eiszeit. Eine für Ende Jänner angekündigte Wahlrechtsreform ist nach wie vor in Ferne, einen fixen Wahltermin gibt es ebenso nicht. Ein anderes wichtiges Datum ist bei Bürgermeister Michael Häupl allerdings schon rot im Kalender angestrichen. Am 23. Mai steigt in der Wiener Stadthalle das Finale des European Song Contest (ESC).
"Wien als Gastgeberstadt möchte den Event zu einem großen Fest für alle Wiener und seine Gäste machen. Wir haben die einzigartige Möglichkeit, uns als moderne, weltoffene Stadt zu präsentieren", sagt der zuständige Stadtrat Christian Oxonitsch (SP).
Millionen
Dafür wird kräftig investiert. 11,7 Millionen Euro lässt sich die Stadt den Song Contest kosten, allein 8, 89 Millionen Euro davon gehen für die Bereitstellung und den Betrieb der Wiener Stadthalle drauf. Eine knappe weitere Million wird für die Eröffnungszeremonie, die Auslosung der Semifinale und das Eurovisions Village am Rathausplatz verbraucht. Darin inkludiert sind auch die Öffi-Freifahrten für knapp 3000 Journalisten und Künstler während des Events.
850.000 Euro gibt Wien Tourismus für eine Europa-Kampagne aus. Dabei wird auf prominenten Plätzen in London, Paris, Barcelona, Berlin und Mailand eine 22 Meter große Kugel aufgestellt, darin werden 360-Grad-Videos gezeigt. Auch über die Verbindungsbüros der Stadt sollen Gäste angelockt werden.
Eine Million Euro gibt die Stadt für City Branding aus. Dabei wird auf Garnituren der Wiener Linien ebenso geworben wie am Flughafen, den Stadteinfahrten und in Print- und Online-Medien.
Wichtigstes Vehikel sind jedoch die stadteigenen Magazine. Im Rathaus wird bereits auf Hochdruck für den Song Contest produziert. Auch die Online-Kanäle wie Facebook, Twitter und Instagram sollen im Mai intensiv genutzt werden. Der Bürgermeister nimmt dabei auch seine Stadträte in die Pflicht.
Sie werden ganz auf den Zwölf-Punkte-Plan eingeschworen. Egal ob Projekte der Musikschulen und Modeschulen oder eine Zivilcourage-Kampagne von Integrationsstadträtin Sandra Frauenberger. Immer sollen zwölf Punkte die Weltoffenheit der Stadt zeigen. Auch Häupl Lieblingsthema, die Smart City, wird in einer Kampagne mit 12 Punkten beworben. "Damit kann die Stadt zeigen, dass sie nicht nur Hauptstadt in Sachen Lebensqualität ist, sondern auch für die Durchführung eines Großevents zwölf Punkte verdient", sagt Oxonitsch.
Der Nebeneffekt: Die roten Stadträte bekommen mediale Aufmerksamkeit, die SPÖ kann sich (kurz?) vor der Wahl präsentieren und ihre Themen präsentieren.
Auch für den grünen Koalitionspartner ist etwas drin. Immerhin muss für den Song Contest ein Verkehrskonzept erstellt und beworben werden.
Für den Wiener Bürgermeister und die SPÖ-Stadtregierung wird der Song Contest mehr als nur ein Event. Austria. Twelve Points. So machte Conchita Wurst beim Song Contest vor einem Jahr die Nation glücklich. Die Wiener Stadtpolitik wird daher das diesjährige Event in der Stadthalle für eine Twelve-Point-Wohlfühlkampagne nutzen. „Wohnen. Twelve Points“ oder „Internationales Flair. Twelve Points“. Es kann gut sein, dass wir schon bald derartige Plakatsprüche sehen.
Lässt Bürgermeister Michael Häupl vor dem Sommer wählen, würde diese Kampagne in die heiße Wahlkampfphase fallen. Auch wenn Häupl damit nicht sein Stammklientel bedient, muss ihm das nicht schaden. Denn medial dreht sich im Mai drei Wochen lang alles um Song Contest und Life Ball. Vielleicht überzeugt das Unentschlossene, dass Wien ja doch eine tolle Stadt ist. Für einen Wahlerfolg reicht das nicht aus. Denn die zentrale Herausforderung der Wiener SPÖ ist die Mobilisierung der eigenen Stammwähler. Da hilft kein Song Contest. Da ist die Partei am Zug, wenn es am Wahlabend heißen soll: Häupl. Twelve Points.
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