Song Contest: Niederlande sind nicht im Finale dabei
Jetzt ist der Eklat perfekt: Der niederländische Sänger Joost Klein wird nach der Beschwerde einer Produktionsmitarbeiterin nicht im Finale des 68. Eurovision Song Contest auftreten. Das teilte die Europäische Rundfunkunion (EBU) wenige Stunden vor Beginn der Endrunde mit. Der Grund seien polizeiliche Ermittlungen nach der Beschwerde einer Mitarbeiterin der Produktion gegen Klein wegen eines "Vorfalls", der sich am Donnerstagabend ereignet haben soll.
"Während die Ermittlungen laufen, wäre es unangemessen, wenn er weiter im Wettbewerb bleibt", begründete die EBU in ihrem Statement den Ausschluss. "Wir möchten klarstellen, dass es - anders als in manchen Medienberichten und auf Social Media spekuliert - bei dem Vorfall nicht um eine andere Künstlerin oder Delegationsmitglied ging", trat die EBU anderslautenden Berichten entgegen, die einen Zusammenhang mit der israelischen Delegation vermutet hatten.
Die Rundfunkunion verwies zugleich auf ihre Statuten: "Wir bleiben unserer Null-Toleranz-Politik gegen unangemessenes Verhalten bei unserer Veranstaltung treu. Wir verpflichten uns dazu, eine sichere Arbeitsumgebung für alle Mitarbeitenden am Contest zu bieten. Aus diesem Aspekt heraus ist Joost Kleins Verhalten gegenüber einem unserer Teammitglieder klar als Bruch der Regeln des Contests zu bewerten."
Bereits seit Freitagnachmittag hatten sich die Gremien zur Krisensitzung zurückgezogen, um den "Vorfall" zu beraten. Die harte Entscheidung, ein Land vom laufenden Bewerb zu disqualifizieren, ist der EBU sichtlich nicht leicht gefallen.
Als während des gestrigen Juryfinales die Aufzeichnung des Halbfinalauftrittes von Joost Klein in der Halle projiziert wurde, gab es vom Publikum demonstrativen Jubel, während der verantwortliche EBU-Supervisor Martin Österdahl - ansonsten ein Liebling in der ESC-Blase, der mit seinem Kultspruch "You're good to go" die Bekanntgabe der Abstimmungsergebnisse einläutet - ausgebuht wurde. Schließlich war Joost Klein mit seiner Nummer "Europapa" einer der Publikumslieblinge der heurigen Ausgabe und galt als Fixanwärter auf eine gute Platzierung.
Schock für die Niederlande
Der niederländische Sender Avrotros, der den Sänger ins ESC-Rennen geschickt hatte, teilte auf seiner Website mit, man betrachte die Disqualifizierung als unangemessen und man sei "von dieser Entscheidung geschockt": "Wir bedauern dies zutiefst und werden später darauf zurückkommen." Auch der niederländische TV-Moderator Cornald Maas sprach auf X (vormals Twitter) von einer beschämenden Entscheidung der EBU. Der Vorfall Joost habe zudem "überhaupt nichts mit Israel oder der israelischen Delegation zu tun". Die Disqualifizierung sei die "Hölle" für Joost Klein und sein Team.
Auch NPO, der öffentlich-rechtliche Rundfunk der Niederlande, bedauerte laut dpa die Disqualifizierung am Samstag: "NPO hält dies für eine sehr drastische Entscheidung." Für die Millionen von Song-Contest-Fans in den Niederlanden und in anderen Ländern Europas sei dies eine Enttäuschung. Man werde den Verlauf der Ereignisse nach dem Wettbewerb mit allen Beteiligten eingehend bewerten.
Nun geht das Finale ab 21 Uhr also mit nur 25 anstatt 26 Ländern statt. ORF 1 überträgt live ab 21 Uhr - mit Andi Knoll, aber ohne Joost Klein.
Hier ist das Statement der EBU im Wortlaut:
„Der niederländische Künstler Joost Klein wird nicht am großen Finale des diesjährigen Eurovision Song Contest teilnehmen. Die schwedische Polizei untersucht eine Beschwerde, die von einem weiblichen Mitglied des Produktionsteams nach einem Vorfall nach seinem Auftritt im Halbfinale am Donnerstagabend eingereicht wurde. Während der Rechtsweg seinen Lauf nimmt, wäre es für ihn nicht angemessen, den Wettbewerb fortzusetzen. Wir möchten klarstellen, dass entgegen einigen Medienberichten und Social-Media-Spekulationen an diesem Vorfall kein anderer Künstler oder Delegationsmitglied beteiligt war. Wir verfolgen eine Null-Toleranz-Politik gegenüber unangemessenem Verhalten bei unserer Veranstaltung und verpflichten uns, allen Mitarbeitern des Wettbewerbs ein sicheres Arbeitsumfeld zu bieten. Vor diesem Hintergrund gilt das Verhalten von Joost Klein gegenüber einem Teammitglied als Verstoß gegen die Wettbewerbsregeln. Das große Finale des 68. Eurovision Song Contest wird nun mit 25 teilnehmenden Songs fortgesetzt.“
Krisensitzung am Samstag
Bei der letzten Probe vor dem Finale am Samstagnachmittag fehlten die Teilnehmenden aus Griechenland, der Schweiz und Irland bei der Flaggenparade am Beginn der Show. Irlands Bambie Thug erklärte später auf Instagram, dass sie auch ihren Song in der Probe per Video einspielen lassen werde: Es hätte „eine Situation“ vor der Flaggenparade gegeben, die eine „dringende Reaktion“ der EBU erfordere. Nähere Angaben gab es dazu nicht, Medienvertreter aus dem Pressezentrum in Malmö berichteten von einer Krisensitzung der EBU.
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