Zumindest einen Tag lang wird das Freitagabend entkräftet: Denn erstmals findet in der Wiener Arena das Sisters Festival statt. Und hier sind nicht nur die Bands durchgängig weiblich bzw. mit Frontfrauen – sondern auch die Menschen, die das Festival abseits der Bühne ermöglichen: Die lokale Crew ist ebenso weiblich.
Auf der Bühne stehen fünf nationale und internationale Acts, Headliner ist das fantastische US-Duo CocoRosie rund um die Schwestern Bianca und Sierra Casady. Aus Österreich sind die Dives dabei, weiters treten Amy Montgomery, Aygul und, für die After-Show-Party, DJ Masha Dabelka auf.
Das Statement des Festivals geht über die Musik hinaus: Auf dem Arena-Gelände gibt es auch Informationsstände über Feminismus und Arbeitsrecht und eine Fotoausstellung mit österreichischen Pionierinnen. Durch das Festival führt Moderatorin Lillian Moschen.
"Die österreichischen Festivals sind nach wie vor extrem männlich dominiert", sagen auch die Dives auf KURIER-Anfrage. "Da, kommt uns vor, gibt es in Deutschland teilweise mehr Diversität bei großen Events. Festivals wie das Primavera zeigen außerdem schon lange vor, wie es besser gehen kann. Wir überlegen im Vorfeld sehr genau, ob wir an explizit gekennzeichneten ,All-female-Konzerten` teilnehmen, denn dadurch wird gleichzeitig auch der Eindruck bestärkt, Frauen in der Musikbranche würden eine Ausnahme und Minderheit bilden."
Das Sisters-Festival nun setze sich aber "mit diesem Thema kritisch auseinander und leistet dabei Pionierinnen-Arbeit", so die Band, die aus Dora de Goederen (Schlagzeug), Viktoria Kirner (Gesang, Bass) und Tamara Leichtfried (Gesang, Gitarre) besteht. Insbesondere durch das "gesamtheitlich gedachte" Konzept – und durch "das Ziel, ein Mainstream-Publikum zu erreichen". Denn die Veranstaltung sieht sich als "ein feministisches Festival, bei dem alle Menschen willkommen sind", wie es in der Ankündigung heißt.
"Es geht darum, bestehende Räume und Formate einzunehmen und zu zeigen: Wir sind laut und wir sind hier", sagen die Dives. "Das zwar immer schon, aber leider viel zu oft nicht sichtbar."
In Österreich, erklärt die Band weiter, sei die mangelnde Repräsentation von Frauen auch in anderen Bereichen der Musikszene, zum Beispiel dem Produzieren, dem Booking, dem Management, der Studiotechnik und dem Aufnehmen und Mastern, durch die "Überschaubarkeit von Land und Leuten" besonders spürbar.
"Strukturelle Benachteiligung durch beispielsweise sozialisationsbedingt späteren Einstieg in die Musikbranche hat Einfluss auf zur Verfügung stehende Netzwerke. Es gibt oft auch weniger finanzielle Absicherung und dadurch geringere Risikobereitschaft, wenn es um Investitionen in Ausbildung, Selbstständigkeit oder Equipment geht. Frauen sind stärker von Karriereunterbrechung bei Familienplanung betroffen – hier sollten sich österreichische Förderprogramme weniger am Alter orientieren, um Wiedereinstieg oder Aufholen und Chancengleichheit zu erleichtern.“
Ein Festival in dieser Größenordnung sowie die starke mediale Berichterstattung darüber leisten "daher einen wichtigen Beitrag für eine langfristige Angleichung der Geschlechterverhältnisse in der Musik- und Veranstaltungsbranche."
sistersofmusic.com
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