Riesenshows im Juli: Eine Hymne auf die Großkonzerte

Bruce Springsteen (18. Juli)
So dicht war der Kalender noch nie: Der Juli ist geprägt von Riesenshows für alle Generationen.

Nach Corona gab es das Phänomen Rache-Reise: Die aufgestaute Lust auf den All-inclusive-Urlaub, die Sehnsucht nach anderen Gesichtern als die von Zuhause entwich schlagartig in einem akuten Fernreiseboom, der für Chaos auf den Flughäfen sorgte.

Nun folgen die Rache-Stadionkonzerte, zumindest fühlt es sich so an: Im Juli boomen die Riesenauftritte von Riesenstars (zu Riesenpreisen) in Österreich, und so gut wie alles ist voll. Den Auftakt macht an diesem Wochenende Pink, und das ist auch gut so: Die Amerikanerin hat nicht nur drei Hände voll Hits, sondern bietet auch eine der verlässlich sympathischsten Shows überhaupt.

Riesenshows im Juli: Eine Hymne auf die Großkonzerte

Denn Stadionkonzerte, das vergisst man manchmal, müssen nicht furchtbar sein: Bei Pink sind sie gut gelaunte Abende des Beisammenseins und sicherer Ort für jene, die mit inneren Fragen ringen, die sich zwar sehr arg anfühlen und megaindividuell erscheinen, aber eigentlich eh dauernd vorkommen. Es sind Konzerte, bei denen man erwachsen werden oder das Erwachsensein mal kurz vergessen kann, und sie sind hervorragendes buntes, spaßiges Entertainment. Und deshalb hier ein extrakräftiges Buh an jene, die Pinks Familie im Wiener Prater die Fahrräder gestohlen haben.

Und auch an jene aus der Zeit gefallene Debatte, die zuletzt geführt wurde. Stadionkonzerte sind gemeinhin längst alles andere als sinistre Orte, vor denen man warnen muss: Kaum wo kommen im Allgemeinen so viele Menschen so friedlich und freudvoll zusammen mit dem gemeinsamen Zweck, Schönes zu genießen.

Das ist eine gar nicht geringzuschätzende Errungenschaft der Entertainmentindustrie, die man gegen jene verteidigen muss, die sie für üble Machenschaften ausnützen. Aber auch gegen eine Huckepack-Spießerdebatte, die in allem Heutigen ohnehin den Sittenverfall herbeifantasiert und die Rammstein-Aufregung für eigene Zwecke missbraucht.

Riesenshows im Juli: Eine Hymne auf die Großkonzerte

Harry Styles spielt am 8. Julie im Happel-Stadion

Achtsamkeitsstar

Glücklicherweise schaut gleich als Nächstes der Popstar gewordene gute junge Mann schlechthin vorbei: Harry Styles ist längst viel mehr als nur ein ehemaliger Boygroupsänger auf dem zweiten Karriereweg. Er hat sich in zu einem pinkfluffigen Flauschwesen entwickelt, einem Star nicht nur im Pop, sondern auch im dringend notwendigen Nachbargenre der Achtsamkeit: Bei seinen Konzerten wird Liebe und Wohlwollen verteilt wie sonst Konfetti (und bei Rammstein Feuer), hier ist ein grenzoffenes Schengengebiet für alle Lebensentwürfe und Menschenarten, hier kann man sich gegenüber seinen Eltern outen oder das Geschlecht des Babys herausfinden, Styles hilft dabei und ist dabei auch noch einfach wahnsinnig nett. Eine Wohltat!

Aber natürlich kriegt auch die Generation Eltern ihre Stars serviert: Bruce Springsteen (18. Juli) und die Red Hot Chili Peppers (14. Juli) kommen ins Wiener Stadion, Depeche Mode am 21. Juli ins Wörthersee-Stadion und Robbie Williams singt tags darauf vor Burg Hochosterwitz.

Ach ja, und dann brennt die Hütte, wie sind wieder in Wien: Am 26. und 27. Juli spielen Rammstein im Stadion. Wie die Debatten um dieses Konzert ablaufen werden, steht jetzt schon fest. Die Veranstalter garantierten zuletzt in einer Aussendung „friedliche und sichere Konzerte“ für alle, was vor wenigen Monaten noch als Demütigung für das Böse-Buben-Image der Band verstanden worden wäre: Die Deutschen wühlen ja nun schon im dritten Jahrzehnt ästhetisch in den dunklen Seiten der Männlichkeit herum, dort also, wo Muskeln und harte Gitarren und allerlei in Wut umgewandelte Ängste zusammenkommen. Rammstein haben ja immer vom schwachen, nicht vom starken Mann erzählt, aber bei all dem Lärm fiel es schwer, das herauszuhören. Jetzt ist es dafür zu spät. Diese Konzerte werden in jeder Hinsicht laut. 

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