Sicher ist nur, dass am Ende der Tod kommt

"Aller Tage Abend" am Wiener Schauspielhaus: Franziska Hackl und Katja Jung
Kritik: Jenny Erpenbecks Roman "Aller Tage Abend" als Bühnenfassung im Schauspielhaus Wien.

Auch der Tod ist nichts als eine Bagatelle. Am Ende könnte der letzte Satz so banal sein wie dieser: „Ich hatte nur zwei Scheiben Toast gegessen, einen davon mit Marmelade.“ Die letzten Worte einer Altersheimbewohnerin in „Aller Tage Abend“, einer Dramatisierung nach dem preisgekrönten Roman von Jenny Erpenbeck.

Die Konjunktive des Lebens sind das Kernthema dieses fantastischen Textes: Alles, das war, hätte auch ganz anders kommen können. „Aller Tage Abend“ nimmt das gesamte 20. Jahrhundert anhand der Schicksalswege der menschlichen Existenz in den Blick.

Die Grundfrage ist jene nach der Rolle des Einzelnen und jener des Schicksals. Felicitas Brucker hat Andreas Jungwirths kluge Bühnenfassung dieses Romans präzise auf die Bühne gebracht – Premiere war am Freitag im Schauspielhaus: In fünf Szenenfolgen wird die Geschichte einer Frau erzählt, die 1902 im galizischen Brody geboren wird und 1990 als hochdekorierte DDR-Schriftstellerin in einem Pflegeheim stirbt.

Fünf Mal wird ihre Geschichte erzählt, fünf Mal nimmt sie einen anderen Verlauf. Das einzig Sichere ist am Ende der Tod, der im ersten Buch schon nach wenigen Tagen kommt: der plötzliche Kindstod. Fünf Möglichkeiten eines Lebens, vom galizischen Schtetl über das Wien 1918 bis in die DDR, passen hier auf eine Bühne (Michael Zerz), deren Ausstattung jeweils nur gering modifiziert wird: Ein verschiebbares Wandelement, ein Kasten, ein Drehstuhl. Einziger sichtbarer technischer Aufwand ist die Projektion der Gesichter der Hauptdarsteller in Großaufnahme: simpel und effektiv. Die Darsteller agieren hoch professionell. Beeindruckend sind an diesem Abend vor allem Franziska Hackl und Katja Jung.

KURIER-Wertung:

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