"Shalom Oida": Filmfestival zum Thema Exil

"Shalom Oida": Filmfestival zum Thema Exil
Das Jüdische Filmfestival widmet sich ab Mittwoch dem Generalthema "Exil" und Woody Allen. Schriftstellerin Julya Rabinowich hält eine Eröffnungsrede über die Flüchtlingskrise.

Selbstbewusst und knallig präsentiert sich wieder das Jüdische Filmfestival Wien, das seit dem Vorjahr mit dem fetzigen Slogan "Shalom Oida" Aufmerksamkeit erregt. Am Mittwoch wird die 23. Ausgabe im Stadtkino im Künstlerhaus mit der Österreich-Premiere des Films "Die Schüler der Madame Anne" von Marie-Castille Mention-Schaar eröffnet.

Ein Programmschwerpunkt des Jüdischen Filmfestivals mit 15 Filmen gilt heuer dem Thema Exil, bei dem auch die Brücke zur heute aktuellen Flüchtlingsproblematik geschlagen werden soll. Das Motto sei bereits im vergangenen November ausgesucht worden, was sich im Nachhinein als weitsichtig erwiesen hat, wie von den Organisatoren zu erfahren ist.

In ihrer Eröffnungsrede wird die Schriftstellerin Julya Rabinowich ("Die Erdfresserin") über das Exil als eine der ältesten Erfahrungen der Menschheit sprechen. Ein Zitat daraus: "In Zeiten der Schreckensmeldungen und der heraufbeschworenen Tsunamiwellen der Flüchtenden, die über uns hereinbrechen sollen, ist ein Festival, das einen anderen Zugang zum Thema Exil und zu unserer Vergangenheit, die immer noch in die Gegenwart hereinspielt, öffnet, immens wichtig."

Dem KURIER liegt die Rede bereits vor, Auszüge daraus können sie weiter unten lesen.

Hommage an Woody Allen

Ein eigener Programmtag ist dem Kultregisseur Woody Allen anlässlich seines bevorstehenden 80. Geburtstags gewidmet, eine Personale würdigt den Regisseur Eytan Fox ("Yossi & Jagger"). Österreich-Premieren gelten u.a. den Filmen "Der Staat gegen Fritz Bauer" (8.10.), "Zero Motivation" (10.10.) und "Magic Men" (15.10.)

INFOS: www.jfw.at

"Das Thema Exil ist heuer so wichtig, wie es letztes Jahr und vorletztes Jahr und hundert Jahre zuvor schon gewesen ist: Exil gibt es, solange es Menschen gibt."

...

"Weil das Exil die Menschheit begleitet, seit es Heimat gibt, ist es eine der ältesten Erfahrungen, gleich nach dem Geburtstrauma und der Verlustangst."

"Nur weil wir in unserer europazentrierten Wahrnehmung nur jene Exile bevorzugt registrieren, die mit uns Europäern zu tun hat, bedeutet es nicht, dass Fluchten, die nicht aus oder nach Europa von statten gehen, nicht gegeben sind: wir sind ein kleiner Teil der Welt, der sich als großer Teil der Welt wahrnimmt, als die Wiege der Kultur, als die Verfechter des Humanismus. Wie kann es sein, dass an der Wiege der Kultur Tag für Tag Hilfesuchende elend zugrunde gehen?"

...

"Ein Kind liegt da, das kleine Gesicht ins Wasser geschmiegt, das Wasser ist sein Bettchen geworden, der Sand sein Kopfpolster. Es schläft. Die Fische sangen sein Gutenachtlied."

"Nein, die können wir nicht alle nehmen. Auch wenn die meisten Flüchtenden nicht einmal in Europa landen. Aber wir können ihre Heimatländer benutzen, für billige Ressourcen, für billige Arbeitskraft, wir können gute Geschäfte mit Waffenexporten machen, uns über die saturierten Bäuche streichen und sich im gutbürgerlich gehobenen Restaurants zufrieden zurücklehnen: das Fleisch ist zart und die Saucen köstlich, Beilage bissfest. Schaumige Creme dazu gefällig? Aber natürlich. Wir haben es ja."

...

"Europa trug schon mehrmals das Stracheldrahtkleid."

"Menschen, die daran gehindert wurden, ihre Heimat zu verlassen, starben, in Verstecken aufgestöbert, zusammengetrieben wie Tiere, erniedrigt, entmenscht, ausgezehrt, gespannte Haut über den Knochen. Kinder, die in Leichenbergen spielten und in ihnen Schutz vor der Witterung suchten. Auch das ist unsere Vergangenheit, deren Erkenntnisse wir mit Neuankommenden teilen sollten."

...

"In Zeiten der Schreckensmeldungen und der heraufbeschworenen Tsunamiwellen der Flüchtenden, die über uns hereinbrechen sollen, ist ein Festival, das einen anderen Zugang zum Thema Exil und zu unserer Vergangenheit, die immer noch in die Gegenwart hereinspielt, öffnet, immens wichtig."

Kommentare