Scarlett Johansson in "Ghost in a Shell": Nackt im Ganzkörperanzug

Spektakuläre Scarlett Johansson in flacher Cyborg-Geschichte.

Ghost in the Shell. USA 2017. 106 Min. Von Rupert Sanders. Mit Scarlett Johansson, Pilou Asbæk.Dass wir wissen, wie es im Cyberspace aussieht, verdanken wir unter anderem dem japanischen Animations-Klassiker "Ghost in the Shell" von 1995. Regisseur Mamoru Oshii betonierte damals mit seiner charismatischen Manga-Verfilmung einen Meilenstein im Cyberpunk-Cinema und schuf sich eine Fangemeinde, die von Steven Spielberg über David Cameron bis zu hin den Wachowskis (damals noch Brüder) reichte. Besonders deren "Matrix"-Trilogie zeigt starke Spuren des japanischen Originals – vom digitalen grünen Zahlenregen im Cyberspace bis hin zum Reloading-"Stecker" im Nacken von Neo.

Als bekannt wurde, dass Scarlett Johansson in der neuen Real-Neuverfilmung die Rolle der Cyborg-Soldatin Major übernehmen würde, gab es Ärger seitens der Anime-Fans. Für sie war klar, dass die Heldin von einer Asiatin gespielt werden musste. Und es sieht tatsächlich ein wenig seltsam aus, wenn Major auf ihre Mutter – eine waschechte Japanerin – trifft. Doch Mamoru Oshii sprach schließlich selbst ein Machtwort und bezeichnete die "Whitewashing"-Diskussion als irrelevant, zumal der Cyborg-Körper, in dessen " Shell" ein menschliches Gehirn eingepflanzt wird, reines Fabrikat sei und nichts über die "wahre" Identität von Major aussagen würde.

Wie dem auch sei: Scarlett Johanssons "nude look" im Ganzkörperanzug ist umwerfend und lässt klar erkennen, wo die Lust der Regisseure herkommt, wie Jonathan Glazer (2013) einen Blick "Under the Skin" der Schauspielerin zu werfen.

Kampfkörper

In der Anfangssequenz wird Johansson wie Schokolade aus einer milchigen Flüssigkeit geschöpft und zu einer wunderschönen Soldatin namens Major zusammengeschmolzen. Als "Mutter" fungiert Juliette Binoche im glühend roten Seidendress und überwacht die Installation des Gehirns im unbesiegbaren Kampfkörper.

Ab dann ist Major unaufhaltsam. Spezialisiert auf Cyberterrorismus, wird sie auf die Spuren eines Superhackers gesetzt. Doch plötzlich spielt auch ihr eigenes Gehirn verrückt und lässt sie an ihrer Identität zweifeln.

Brit-Regisseur Rupert Sanders liefert seine größten Schauwerte im Entwurf dystopischer Stadtansichten, die zuweilen an einen gigantischen "Blade Runner"-Themenpark erinnern. Mehrstöckige Autobahnen ziehen sich durch nachtschwarze, neon-glühende Hochhausfassaden. Geisha-Köpfe drehen sich als riesige Werbeflächen zwischen Wolkenkratzern, Riesenfische gleiten um Straßenecken.

Gleich zu Beginn stürzt sich Major effektvoll Kopf voran in das Meer der dunklen Großstadt, feiert furiose Showdowns auf spiegelglatten Wasseroberflächen oder vollführt tödliche Pole-Tänze in sinistren Spelunken.

Doch es bleibt bei einer Abfolge imposanter Schauplätze, ohne erzählerische Sogwirkung zu entfalten. Die " Blade Runner"-inspirierte Idee, dass in einer High-Tech-Gesellschaft die Trennungslinie zwischen Mensch und Maschine zunehmend verschwimmt (Stichwort: Erinnerung!), verdient hier wenig philosophische Beachtung. Die "Wer bin ich wirklich?"-Frage bekommt in keinem Moment Dringlichkeit – wie übrigens auch der Rest der Geschichte nicht –, sondern verflacht in seichten Dialogen.

So kämpft Rupert Sanders mit den gleichen Problematik, mit der sich auch seine identitätssuchende Heldin herumquält: Spektakuläres Äußeres, aber wenig dahinter.

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