"Sausage Party": Die Sexlust der Würstchen

Taco, Brötchen, Würstchen, Flade und Bagel glauben ans Jenseits – bis sie  Zweifel bekommen
Deftig-derbe Pixar-Parodie mit anzüglichen Esswaren.

Was empfinden sie eigentlich, die Frankfurter Würstchen, wenn wir sie ins kochende Wasser werfen? Die Erdäpfel, denen wir die Schale vom Leib reißen, die Babykarotten, die wir zwischen den Zähnen zermalmen?

Geht es nach Seth Rogens deftig-dreister Pixar-Parodie, dann erleiden sie grässliche Todesqualen. Gut, dass sie das nicht wissen, die Esswaren. Denn dann würden sie nicht so fröhlich im Chor singen angesichts der sich öffnenden Supermarkt-Pforten. Doch (noch) befinden sich alle in dem Glauben, dass die Götter (sprich: Menschen) sie sanft ins Große Jenseits befördern, wo sie ewig weiterleben.

Sexwitze und Gottessuche mit Lebensmitteln im Supermarktregal – das muss einem erst einmal einfallen. Dazu braucht es entgrenzte Comedians with Seth Rogen und Evan Goldberg, die als berühmt-berüchtigtes Autoren-Duett bereits abseitige Humorparaden wie "Superbad", "Das ist das Ende"und "The Interview" lieferten. Mit "Sausage Party" gelang ihnen ein Animations-Hit für Erwachsene, der mit knapp 20 Millionen Dollar Budget bislang 124 Millionen einspielte.

Wo in den allseits beliebten Pixar-Filmen beispielsweise herziges Kinderspielzeug zum Leben erwacht, entdecken die bunt animierten Nahrungsprodukte ihre ungezügelte Sexlust. Das Würstchen kann es kaum erwarten, endlich tief im Brötchen zu stecken, die Vaginaldusche freut sich hoch aufgerichtet auf die nächste Kundin und das lesbische Taco Teresa drängt ebenfalls zwischen die Brotscheiben. So viel zum Thema Verniedlichungsindustrie.

Auch Vertreter der Weltgeschichte finden sich im Regal versammelt: Der Nazi-Senf marschiert mit erhobener Hand, und das Hitler-Sauerkraut ist so humorlos, dass es alle anderen Mitspeisen ins "Konzentratlager" schicken will. Und natürlich reitet "Sausage Party" auch freudig auf jedem (National-)Klischee herum: Ein arabisches Fladenbrot und ein jüdischer Bagel namens Sammy Bagel Jr. verkörpern den Nahostkonflikt und streiten sich um Hummus und Linsensuppe.

Massaker

Die große Krise bricht aus, als ein Honigsenf umgetauscht wird, ins Regal zurückkehrt und von blutigen Massakern aus der Welt der Götter – "Sie essen sogar Kinder!" (gemeint sind die Babykarotten) berichtet. Da bekommt Frank, das Würstchen, erstmals massive Zweifel an seinem Gottesglauben und ruft zum Widerstand auf.

Total anarchisch, gnadenlos pubertär, politisch unkorrekt, genial komisch, penetrant geschmacklos und hochfrequent anzüglich: Am Ende gibt’s noch eine Sex-Food-Porn-Orgie – allen voran Bagel mit Flade.

Unter 16 kommt hier keiner rein.

INFO: USA 2016. 89 Min. Von Conrad Vernon, Greg Tiernan.

KURIER-Wertung:

Mit unverkennbarer Handschrift und einem Hauch von Harry Potter inszeniert Tim Burton seine melancholisch-bizarre Märchen-Fantasie mit Zeitreise in den Zweiten Weltkrieg. Die Geschichte eines Jungen namens Jake, der die Monster seines Großvaters suchen möchte, erzählt Burton wie mit Best-of-Tupfern aus dem eigenen Filmwerk – von den getrimmten Büschen in "Edward mit den Scherenhänden" bis hin zu den verwunschenen Landschaften in "Sleepy Hollow". Jake (Asa Butterfield) reist nach Wales und besucht auf einer Insel ein spezielles Waisenhaus: Die schrullige Leiterin Miss Peregrine – eine Pfeife rauchende Eva Green – wacht dort über ihre Schützlinge. Alle ihre Kinder haben etwas Besonderes – Bienen im Bauch, einen unsichtbaren Leib oder ein so leichtes Körpergewicht, dass sie mit Eisenschuhen auf der Erde gehalten werden. Außerdem befinden sie sich in einer Zeitschleife, die sie einen Tag des Jahres 1943 immer wieder erleben lässt. Burton wirft die Wundermaschine Kino effektvoll an, um seine spezielle Welt im Vintage-Look zwischen traumartiger Fantasy, Goth-Horror und Skurrilitäten-Kabinett zu bauen – und am Ende schließlich allzu sehr zu überfrachten.

INFO: USA 2016. 127 Min. Von Tim Burton. Mit Asa Butterfield, Eva Green.

KURIER-Wertung:

"Sausage Party": Die Sexlust der Würstchen
Zeitreise in den Zweiten Weltkrieg: „Die Insel der  besonderen Kinder“

"Des ist ja entsetzlich", soll der Kaiser gesagt haben, als er die Kunst Egon Schieles sah. Der Künstler selbst (brav: Noah Saavedra, Interview auf Seite 34) erzählt diese Anekdote nicht ohne Stolz.

Jahre später, vor Gericht, wird er sich heftig verteidigen: "Ich bin Künstler, nicht Pornograf!" Zu diesem Zeitpunkt steht er bereits unter Verdacht der Unzucht mit Minderjährigen.

Doch das als konventionelles, holzschnittartiges, ohne jegliche Dringlichkeit erzählte Stationen-Drama im Kostüm bleibt stets gediegen, sieht man von den barbusigen Mädchen-Modellen ab.

Ohnehin kann sich Regisseur Dieter Berner nur schwer von einer gewissen Theaterhaftigkeit befreien, die den meisten Szenen anhaftet.

Es beginnt gegen Ende des Ersten Weltkrieges, am Krankenbett von Schiele: Seine Schwester und erste Muse – eine temperamentvolle Maresi Riegner – versucht Medikamente aufzutreiben. In Rückblenden werden wichtige Lebensmomente – vor allem Schieles Frauenbekanntschaften – aufgerufen. Die wichtigste: Wally Neuziel (patent: Valerie Pachner), Model für "Tod und Mädchen". Diese wird übrigens von Klimt persönlich ausgeliehen – mit Cornelius Obonya im Malerkittel eine witzige Erscheinung.

INFO: Ö/LUX 2016. 109 Min. Von Dieter Berner. Mit Noah Saavedra, Maresie Riegner, Valerie Pachner.

KURIER-Wertung:

"Sausage Party": Die Sexlust der Würstchen
Noah Saavedra macht sich als Egon Schiele in der bürgerlichen Gesellschaft unbeliebt

Cro ruft zu einem Film-Wettbewerb auf. Dafür arbeitet Vanessa (herrlich ungezwungen dargestellt von Peri Baumeister) an einer Doku über Cro, Ludwig an einem Comic über die Vorgeschichte der Panda-Maske und Dawid an einem Blick in die Zukunft – für den Til Schweiger amüsant den alten, abgestürzten Cro spielt. Bei dem Wettbewerb kommen die Filmemacher einander näher und Vanessa und Dawid verlieben sich.

Es ist ein bunter, anfangs verwirrender Mix aus Comic, Slapstick und Doku, den Regisseur Martin Schreier hier gewagt hat. Zwar werden die Zusammenhänge der vielen Episoden-Szenen später deutlich. Ob das ein Liebesfilm ist, einer über Cro, oder doch einer über Freundschaft, Verrat und Verzeihen, bleibt am Ende trotzdem unklar. Und der Versuch, ihm mit dem Titel-Thema "Umgang mit der Zeit" Tiefgang zu geben, bleibt in Oberflächlichkeiten hängen.

Text: Brigitte Schokarth

INFO: D 2016. 116 Min. Von Martin Schreier. Mit Cro, Peri Baumeister, David Schütter.

KURIER-Wertung:

"Sausage Party": Die Sexlust der Würstchen
Panda-Rapper Cro: "Unsere Zeit ist Jetzt"

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