Sasha Waltz enttäuscht mit "Tannhäuser"

Tantra-Baccanal zur Ouvertüre: Danach wird es konventioneller
Berliner Festtage: Die deutsche Star-Choreografin bleibt in der Regie ihres Wagner-Debuts konventionell.

Wagt sich Deutschlands wichtigste Choreografin und Bühnen-Pionierin Sasha Waltz an Wagner, sind die Erwartungen hoch. Erst recht bei "Tannhäuser", wo Wagner’sche Schuld-, Sühne- und Erlösungs-Methaphorik gegen altdeutschen Muff die Regie besonders fordert.

Doch die Premiere der "Festtage" im Schillertheater, dem Ausweichhaus der Berliner Staatsoper im Dauerumbau, mit Hausherrn Daniel Barenboim am Pult, ließ Publikum und Kritik kontroversieller zurück als sonst.

Waltz, die Regie und Bühnenbild hauptverantwortet, illustriert die lange Ouvertüre mit dem "Baccanal" aus der späten Pariser Fassung: Der Venusberg, sex-sündiger Fantasie-Ort mittelalterlicher Sagen, ist hier eine vertikale Riesenschüssel, in der Waltz’ blutjunge Tanzkompagnie im Tanga das Tantra dekliniert. Das wirkt spätestens mit dem Auftauchen des stämmigen Tannhäuser Peter Seifferts im weißen Ibiza-Outfit älterer Playboys komisch – wohl unfreiwillig.

Nach dieser Orgie taucht er zurück ins wahre Leben, hier der biederen Fünfzigerjahre, laut Waltz ihr Tribut an das damals erbaute Schillertheater. Was aber die Logik des wagnerisch pathetischen Librettos mit seinen schon mittelalterlichen Verkrampfungen weiter strapaziert.

Gewusel als Dekoration

Mehr noch enttäuscht, dass Waltz’ Dramaturgie sich nicht aus der ihr so vertrauten Bewegung entwickelt: Das hektische Gewusel ihrer 18 Mann und Frau starken Truppe um die konventionell geführten Hauptfiguren bleibt fast nur Dekoration – und bestenfalls ironischer Kommentar. Romantische Stimmung im Trockeneis-Nebel mit Zwielicht entsteht selten, und nur, wenn das Getänzel fehlt – dann aber genial.

Der Höhepunkt ist die Wunschkonzert-bekannte "Abendstern"-Arie, wo Peter Maffeis Wolfram mit herrlich moduliertem Bariton und nun doch typischer Waltz-Körpersprache berührt.

Ansonsten bleibt auch der Klang konventionell: Barenboim führt die manchmal unkonzentrierte Staatskapelle langsam, Seiffert forciert, bis seine große Wagner- Routine greift, "Landgraf" Rene Pape ist wieder eine Klasse für sich, die anderen Herren und Damen sind verlässlich gut.

Schöner Applaus für alle und nur für Waltz von Buhs umtänzelt: Die tolle Choreografin ist es als Regisseurin nicht. Nicht bei Wagner.

KURIER-Wertung:

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