Schlüsselwerke über den Widerstand gegen Nazismus und Faschismus

In der Felsenreitschule: Freya Apffelstaedt, Caroline Wettergreen, Robin Tritschler und Tobias Moretti mit Maxime Pascal in der Mitte
Zwei Raritäten, ein Thema: „Il canto sospeso“ und der Operneinakter „Il prigioniero“ konzertant bei den Salzburger Festspielen

Von: Helmut Christian Mayer

„Papa, Sie bringen mich nach Kessariani für die Hinrichtung mit sieben anderen. Betrübe dich nicht. Ich sterbe für die Freiheit und das Vaterland“: So berührend schrieb der erst 14-jährige Schüler Andreas Likourinos aus Griechenland an seinen Vater, bevor er ohne Prozess 1943 hingerichtet wurde. Auch alle weiteren zehn Abschiedsbriefe von jungen, zu Tode verurteilten Menschen aus dem Widerstand gegen Nazismus und Faschismus gehen massiv unter die Haut.

Luigi Nono vertonte sie in seiner neunteiligen Komposition „Il canto sospeso“ („Unterbrochener Gesang“) im Jahr 1956: „Die Botschaft jener Briefe der zum Tode verurteilten Menschen ist in mein Herz eingegraben ...“, so der Komponist, die jetzt im Rahmen der Ouverture spirituelle bei den Salzburger Festspielen in der Felsenreitschule zu erleben war. Die horizontale melodische Konstruktion mit einem schwebenden aber manchmal verdickten Klängen wurde von den vorzüglichen Gesangssolisten Caroline Wettergreen (Sopran), Freya Apffelstaedt (Alt) sowie Robin Tritschler (Tenor) wie auch dem mit wunderbarer Tonreinheit singenden Chor des Bayrischen Rundfunks (Einstudierung: John Dijkstra) exzellent präsentiert.

Hochkonzentriert und exakt musizierte das ORF-Radio Sinfonieorchester Wien unter dem 38-jährigen Franzosen Maxime Pascal, Gewinner des Young Conductors Award der Salzburger Festspiele 2014, die farbig sphärischen wie auch dunklen, bitteren Klänge. Die Briefe selbst wurden von Tobias Moretti sehr ergreifend rezitiert.

Schlimmste Folter

Auch Luigi Dallapiccolas „Il prigioniero“ („Der Gefangene“), entstanden in den 1940er-Jahren, handelt von solch dunklem Thema, von einem physisch isolierten Gefangenen, der bis zuletzt vergeblich auf seine Begnadigung von seiner Hinrichtung hofft. Es ist ein bewegendes Schlüsselwerk des Widerstands gegen den Faschismus, in der zerstörte Hoffnung zur schlimmsten Folter wird.

Auch bei der konzertanten Aufführung dieser Kurzoper blieben keine Wünsche offen: Georg Nigl sang den Gefangenen ungemein reich an Facetten, von kaum hörbaren, innigen bis zu schreienden, hochexpressiven Emotionen. Tanja Ariane Baumgartner war seine intensiv leidende Mutter, John Daszak ein ausdrucksstarker Kerkermeister und Großinquisitor.

Auch hier erklang im Orchester unter dem präzisen Dirigat die expressive, durchbrochene Zwölftonmusik von Dallapiccola, vermischt mit tröstlicher Tonalität von Fernchören als Symbol des Glaubens, ungemein spannend. Stehende Ovationen!

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