Salzburger Festspiele: „Nachteilig für uns sind nur laue Kritiken“
Lukas Crepaz, 1981 in Hall in Tirol geboren, ist der Sunnyboy im Salzburger Festspieldirektorium. Aufgrund der erfolgreichen Saison – sie endete am Donnerstag – hat der kaufmännische Direktor noch mehr Grund zur Heiterkeit.
KURIER: Wie lief es heuer?
Lukas Crepaz: Die Saison war sowohl künstlerisch als auch kaufmännisch fantastisch. Wir kamen auf eine Auslastung von 98,5 Prozent. Das heißt: Es war fast jede Veranstaltung ausverkauft. Bei einzelnen Konzerten haben wir sogar noch ein paar Sessel zusätzlich aufstellen können.
Da Sie beim Budgeterstellen die Einnahmen sehr konservativ einschätzen, liegen Sie nun weit über Plan?
Nein, längst nicht mehr sehr konservativ. Mittlerweile müssen wir die Erlöse schon recht ambitioniert ansetzen, weil sich ansonsten kein ausgeglichenes Budget erstellen ließe. Wir mussten ja die enormen Kostensteigerungen – beim Personal wie beim Material und bei der Energie – auffangen. Und wir haben von der öffentlichen Hand heuer keine Valorisierung bekommen. Der Betrag blieb auf 18,4 Millionen Euro – bei einem Gesamtbudget von 67,5 Millionen.
Aber Sie können einen satten Gewinn verbuchen?
Kein Gewinn, aber einen zusätzlichen Deckungsbeitrag in der Höhe von einer Million Euro. Wir hatten befürchtet, Rücklagen auflösen zu müssen. Dazu kommt es jetzt nicht in der prognostizierten Größenordnung. Wir haben also einen Polster.
„Jedermann“ war auch heuer wieder die Cashcow?
Wir haben ihn inklusive der Generalprobe 15-mal angesetzt. Daher liefert der „Jedermann“ einen wesentlichen Beitrag zu unserem Budget. Zumal alle Vorstellungen ausverkauft waren.
Trotz der nicht so überschwänglichen Kritiken.
Das Publikum lässt sich ohnehin nicht so sehr durch Kritiken beeinflussen.
Auch nicht durch Verrisse bei „Falstaff“ und „Figaro“?
Genau. Nachteilig für uns sind nur laue Kritiken. Aber sowohl kritische als auch euphorische Berichterstattung ist – das sage ich aus kaufmännischer Sicht – im Endeffekt gut. Weil das Publikum neugierig wird. Es gab auch viele sehr gute Berichte über den „Figaro“ und den „Falstaff“ u. a. in der Financial Times London, in der New York Times oder in der FAZ.
Sind eigentlich viele Besucher bei den „Jedermann“-Nachmittagsvorstellungen in der brütenden Hitze auf dem Domplatz kollabiert?
Dass die Besucher um 17 Uhr reihenweise umklappen würden, stimmt nicht. Empirisch gesehen kollabieren Menschen eher bei den Vorstellungen um 21 Uhr.
Erstaunlich. Warum?
Es gibt unterschiedliche Gründe. Wahrscheinlich, weil die Besucher um 17 Uhr sehr gut vorbereitet zur Vorstellung kommen. Das heißt mit ausreichend Flüssigkeit, ohne schweres Essen etc.
Sie sind nebenbei für das Bauprojektmanagement zuständig – und suchen dringend, wie ich gelesen haben, eine Assistenz. Wird auch Ihnen einmal etwas zu viel?
Wir sind Bauherren von zwei Projekten, dem Besucherzentrum und der Generalsanierung der Festspielhäuser samt neuem Werkstättentrakt. Selbstverständlich muss man für so große Projekte ein Team aufbauen.
Die Idee für das Besucherzentrum hinter der Pferdeschwemme entstand doch unter Helga Rabl-Stadler, Präsidentin bis Herbst 2021?
Ja, anlässlich des 100-Jahr-Jubiläums haben wir einen geladenen Wettbewerb ausgelobt, den Marte.Marte mit ihrem Entwurf eines gläsernen Pavillons gewonnen hat. Und wir haben seit 2020 die Baubewilligung dafür. Es war aber immer klar, dass wir das Besucherzentrum nur realisieren können, wenn es komplett privat finanziert ist. Es freut uns sehr, dass sich Dr. Hans-Peter Wild im Frühjahr bereit erklärt hat, das Projekt mit einer besonders generösen Spende von bis zu zwölf Millionen zu ermöglichen.
Der Unternehmer besitzt in Salzburg zwei Luxushotels.
Helga Rabl-Stadler hat schon vor Langem eine Partnerschaft zwischen ihm und den Festspielen aufgebaut, die jetzt von Nachfolgerin Kristina Hammer erfolgreich weiterentwickelt wird.
Und wie viel wird es kosten?
Zwölf Millionen.
Baubeginn wird doch erst im Herbst 2024 sein.
Ja, es gibt derzeit Unsicherheiten in der Bauwirtschaft. Aber wir hoffen darauf, dass sich die Situation, wenn wir ausschreiben, wieder normalisiert hat.
Etwas anders sieht die Situation beim Festspieltrakt aus.
Die öffentliche Hand investiert 335 Millionen Euro, aufgrund der außergewöhnlich hohen Preissteigerungen der letzten Jahre reicht der Betrag aber nicht.
Das heißt: Das Projekt wird abgespeckt – oder die öffentliche Hand wird nochmals zur Kasse gebeten?
Wir sind in Verhandlungen. Ich möchte aber daran erinnern, dass die Festspielhäuser der öffentlichen Hand gehören. Das Große Haus gehört der BIG und damit dem Bund, die Felsenreitschule und das Haus für Mozart gehören der Stadt. Und: Die Festspiele sorgen allein im Sommer für 77 Millionen Euro an Steuern und Abgaben. Die öffentliche Hand subventioniert also nicht die Festspiele, sondern die zentrale Infrastruktur des Salzburger Kulturlebens.
Für dieses große Projekt gab es einen internationalen Wettbewerb, den erstaunlicherweise ein österreichisches Team gewonnen hat.
Vom Ergebnis war auch die Jury unter dem Vorsitz des deutschen Architekten Volker Staab erstaunt. 15 Architekturbüros waren eingeladen. Die Entscheidung fiel einstimmig – und erst dann erschien der Name des siegreichen Teams, eben Jabornegg & Pálffy Architekten. Ich bin wirklich beglückt durch diesen Entwurf. Denn die Architektur fügt sich sehr behutsam in den Bestand, den Festspielbezirk von Clemens Holzmeister, ein.
Jabornegg & Pálffy haben zuletzt das Parlament saniert – und den Plenarsaal mit einer gläsernen Kuppel bekrönt, die gerne von Vögeln mit Steinen beworfen wird. Und aufgrund von Akustikproblemen mussten Plastikplanen eingezogen werden.
Die Probleme sind gelöst. Zudem planen wir keine gläserne Kuppel.
Sondern?
Einerseits müssen wir den gesamten Festspielbezirk sanieren und die Bühnentechnik komplett erneuern. Die Maschinerie des Großen Hauses zum Beispiel ist definitiv am Ende ihres Lebenszyklus.
Gut, es wurde in den 1960ern gebaut. Aber das ehemalige Kleine Haus wurde vor zwei Jahrzehnten zum Haus für Mozart umgebaut.
Der Bühnenturm stammt aus den 30ern und wurde nie grundlegend saniert. Hinzu kommt, dass wir für die Werkstätten erweitern müssen. Die Arbeitsbedingungen sind nicht mehr zumutbar.
Ist es wirklich sinnvoll, im beengten Festspielbezirk am Fuße des Festungsbergs noch mehr zu verdichten?
Ja. In der Machbarkeitsstudie haben wir verschiedene Varianten ausgearbeitet. Eine davon war, ein Werkstättengebäude auf der grünen Wiese zu bauen. Aber aus Nachhaltigkeitsgründen ist es besser, hier, wo schon versiegelt ist, maximal zu verdichten. Und in einer Stadt wie Salzburg ist es natürlich nicht sinnvoll, zusätzliches Verkehrsaufkommen zu schaffen. Es gibt auch einen sozialen Aspekt: Wir begreifen uns als ein Festspiel-Team, das gemeinsam das ganze Jahr über Produktionen vorbereitet und dann auf die Bühne bringt.
Wäre es aus Nachhaltigkeitsgründen nicht sinnvoller, wenn Sie z. B. Festspiele in Seoul veranstalten würden?
Es gibt tatsächlich – auch aufgrund des hervorragenden Programms von Intendant Markus Hinterhäuser – immer wieder Interesse von Institutionen in anderen Ländern, Salzburger Festspiele zu bringen. Aber ich bin überzeugt davon, dass die Festspiele nur in Salzburg stattfinden können. Nur hier kommt diese Atmosphäre auf.
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