Eine Liebeserklärung an das Theater

Publikumsliebling und Startenor Rolando Villazón hat auch als Regisseur schon Erfolge gefeiert
Der Startenor gibt mit Donizettis "Viva la Mamma" an der Volksoper sein Wiener Regie-Debüt.

Ein Direktor vor dem finanziellen Bankrott. Ein Regisseur mit Hang zu sehr schrägen Ideen. Ein Dirigent, der sich zum Professor aufschwingt. Eine Diva, die sich in ihrer eigenen Größe sonnt, ein Tenor vor der Abreise und ein Ensemble am Rand des Nervenzusammenbruchs – das ist der Stoff, aus dem Theateralbträume sind.

Oder großartige Komödien, wie sie etwa Gaetano Donizetti in seiner Oper "Viva la Mamma" auf die Bühne gebracht hat. Ab nächstem Samstag (17. Jänner) zeigt die Wiener Volksoper Donizettis liebevollen Rundumschlag in Sachen Musiktheater: Erstmals wieder nach 30 Jahren, in einer neuen Fassung und mit Startenor Rolando Villazón als höchst realen Strippenzieher hinter den Kulissen. Denn mit "Viva la Mamma" gibt der Publikumsliebling sein Wien-Debüt als Regisseur und erklärt sein Credo: "Wir wollen über das Theater lachen".

Kantine

Villazón bei der Präsentation: ",Viva la Mamma‘ ist eine Liebeserklärung an das Theater, an die Oper, an die Künstler und all jene, die dafür sorgen, dass der Vorhang immer wieder aufgeht. Denn am Ende gibt es immer eine Premiere." Nachsatz: "Ich hoffe, die Menschen werden lachen und zuletzt auch Bravo rufen." Und lachend: "Wenn nicht, bleibt mir als Regisseur nur der Weg in die Kantine."

Eine Liebeserklärung an das Theater
Viva la Mamma
Von den Arbeitsbedingungen im Haus am Gürtel und von seinen Kollegen ist Villazón begeistert. Vor allem von dem Bayreuth-erprobten Bassbariton Martin Winkler in der Rolle der letztlich die (fiktive) Produktion rettenden "Über-Mamma" ist Villazón angetan: "Er ist ein richtiger Zyklon". Winkler wiederum fühlt sich im neuen Sopran-Fach, mit Plastik-Busen und Perücke so richtig wohl. "Als Nächstes kommt dann wohl die Brünnhilde dran", so der Sänger.

Chaos

Wie aber will Villazón das Chaos auf der Bühne in Form bringen? "Chaos ist ja an sich gut, aber nur Chaos wird irgendwann langweilig. Eine Komödie zu inszenieren, ist fast schwieriger als eine tragische Oper. Man muss die Fäden in der Hand halten, aber dennoch allen genug Freiraum geben." Und Villazón weiter: "Ich spüre eine ungeheure Freude, Energie und Kraft während der Proben. Ich hoffe, dass sich das auf die Leute überträgt."

Regisseure wie Willy Decker – er hatte einst die legendäre Salzburger "Traviata" mit Villazón und Netrebko in Szene gesetzt – und Richard Jones "sind dafür verantwortlich, dass ich jetzt selbst Regie führe", so der Künstler. Sich selbst hat der Regisseur Villazón bisher nur einmal auch als Sänger besetzt. "Bei Donizettis ,Liebestrank‘ in Baden-Baden. Aber nur, weil mir alle davon abgeraten hatten. Da musste ich das einfach tun. Aber sicher nie, nie wieder." In Baden-Baden wird Villazón demnächst "La Traviata" inszenieren, an der Deutschen Oper Berlin steht Puccinis "La Rondine" auf der szenischen Arbeitsliste. Und an der Volksoper? "Wir sprechen über einige Dinge. Aber ja, ich will, ich will, ich will."

Komponenten

Wie aber kann man sich Villazón bei der Probenarbeit vorstellen? "Ich halte nichts von der Gegnerschaft zwischen Regisseur und Sängern. In der Oper haben drei Komponenten das Sagen. Der Dirigent, die Sänger und der Regisseur. Und das muss alles zur Einheit werden." "Rolando ist kein Despot, ganz im Gegenteil. Wir haben bei aller Ernsthaftigkeit auch immer sehr viel Spaß", erklärt Martin Winkler auf Nachfrage.

Um bei "Viva la Mamma" den Spaßfaktor noch zu erhöhen, hat man die Handlung in eine fiktive, österreichische Provinzstadt verlegt. "Das ist genau das, was Donizetti gewollt hat. Das Publikum sollte möglichst nah an der Geschichte dran sein." Also Österreich statt Neapel, Dirndl inklusive. Und viel Leben. Denn, so Villazón: "Die Oper ist kein Museum, sie wird jeden Abend durch die Sänger mit Blut erfüllt. Daher kann sie auch nie sterben."

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