Rita Falk: "Brutalität und Humor vertragen sich nicht"

Rita Falk: "Brutalität und Humor vertragen sich nicht"
Die Autorin der beliebten Eberhofer-Krimis im Gespräch über das Schreiben, schmerzende Schultern und Grauslichkeiten in der Weltpolitik.

von Gabriele Flossmann

Erst mit 45 Jahren hat Rita Falk angefangen, ihre Provinzkrimis zu schreiben. Das war vor rund zehn Jahren. Ausschlaggebend war eine berufliche und persönliche Krise. Seit der ersten Verfilmung schreibt sie ihre Eberhofer-Krimis mit den entsprechenden Schauspielern im Kopf. Um sie bildlich vor Augen zu haben, hat sie Kino- Werbeaufsteller mit ihrem Dreamteam Sebastian Bezzel und Simon Schwarz in Lebensgröße neben ihrem Schreibtisch stehen. „Guglhupfgeschwader“ (derzeit in den Kinos) ist die neueste Verfilmung der inzwischen stattlich angewachsenen Krimi-Reihe, die Rita Falk aus ihrem offenbar immer noch recht vollen Ärmel schüttelt.

Ihre bayrisch-kulinarischen Titel mögen und sollen wohl in den Ohren des deutschsprachigen Publikums exotisch anmuten. Österreicher können Begriffen wie „Dampfnudelblues“, „Griessnockerlaffäre“, „Sauerkrautkoma“, - "Kaiserschmarrndrama“, oder „Leberkäsjunkie“ schon eher die entsprechenden Gerüche und Geschmäcker zuordnen.

Wie immer geht es im neuen Film um den schlecht gelaunten Eberhofer, gespielt von Sebastian Bezzel, der einen kuriosen Mordfall klären muss. Wie immer unterstützt von seinem österreichischen Schauspielerkollegen Simon Schwarz als Privatdetektiv Rudi. Dieser Rudi – um bei den kulinarischen Bezeichnungen zu bleiben – mimt diesmal die beleidigte "Leberwurst". Angestachelt von seiner neuen, esoterisch angehauchten Geliebten Theresa, die Stefanie Reinsperger mit offensichtlicher Lust an der herben Gaudi spielt.

Letztendlich finden sie doch zueinander, um einen neuen Fall zu lösen: Der Lotto-Laden des Dorfes ist in die Luft geflogen. Opfer der Detonation wurde die Inhaberin. Steckte ihr Sohn, der „Lotto-Otto“, oder die Glücksspiel-Mafia dahinter? Es ist anzunehmen, dass auch das „Guglhupfgeschwader“ die Kinokassen zum Klingen bringt.

Bei all den gschmackigen Filmtiteln liegt die Frage nach dem Rezept für den Erfolg der Rita-Falk-Krimis nahe. Zum einen reihen sie sich in die Nische der sogenannten „Frauenkrimis“ ein. Eine literarische Sparte, die der Tatsache Rechnung trägt, dass rund 70 % des Krimi-Publikums Frauen sind, und sich auch immer mehr Autorinnen dieses Genres auf den Markt drängen. Mit Themen, die meist an beiden Enden des Mainstreams angesiedelt sind. Entweder ultra-brutal oder provinziell gemütlich. Wie die von Rita Falk.

KURIER: Krimi-Autorinnen stellen meist Ermittlerinnen in den Mittelpunkt ihrer Literatur. Bei Ihnen sind es zwei Männer, die die Kriminalfälle lösen. Warum keine Frau?

Rita Falk: Ich hab’ mir da gar keine spezifischen Gedanken gemacht. Aber da ich mit einem Polizisten verheiratet war, der dreißig Jahre bei der bayrischen Polizei gearbeitet hat, hab’ ich von meinem Mann und seinen Kollegen viele Geschichten über Verbrechen gehört, bei denen sie ermittelt haben. Und so ist der Franz Eberhofer entstanden. Er ist ein Querschnitt der bayrischen Polizeibeamten, die gerne so wären wie der Franz, wenn sie dürften.

Franz verkörpert aber auch den „Freund und Helfer“, wie Polizisten in unserer Jugend noch bezeichnet wurden. Gibt es den noch in Ihrer dörflichen Umgebung?

Ja, ich sehe den Franz schon noch so und ich höre immer wieder von Polizeibeamten, die etwa in meinem Alter sind, dass sie gerne noch die „Freunde und Helfer“ wären wie früher. Aber die heutige Gesellschaft sieht sie meistens als Gegner. Vor allem bei Demonstrationen stellt sich immer mehr die Frage, wer hier wen vor wem schützen soll. Das Wort „Helfer“ ist leider schon altmodisch geworden.

Bei dem derzeitigen Krimi-Überangebot kommt man zur Überzeugung, dass die Lese- und Einschalt-Quote umso höher wird, je brutaler die Mordfälle sind, die es zu lösen gibt. Bei Ihnen hat man das Gefühl, dass Sie sich von diesem Wettbewerb der Grauslichkeiten fernhalten wollen. Wollen Sie Brutalitäten nicht auch noch beschreiben müssen?

Ich möchte nur Sachen schreiben, die ich auch selber lesen möchte, und ich mag so grausame und blutrünstige G’schichten einfach gar nicht. Bei mir passieren auch fürchterliche Sachen, aber mir ist ein humorvoller Zugang zu den Kriminalfällen wichtig und Brutalität und Humor vertragen sich nicht.

Rita Falk: "Brutalität und Humor vertragen sich nicht"

Es geht in Ihren Büchern auch sehr viel um Familie, Freundschaften, Liebe und Enttäuschungen. Sind Sie durch das Schreiben und letztlich auch durch das Leben in einer Dorfgemeinschaft, in der jeder jeden kennt, auch zu einer Art Therapeutin geworden?

Das ist für mich schon eine Berufskrankheit. Wenn man Bücher schreibt und sie mit echtem Leben füllen wird, dann wird man zum Beobachter. Egal wo ich bin – ich habe immer Augen und Ohren offen, um alle Gespräche und Reaktionen meiner Umwelt aufzusaugen und zu analysieren. Ständig überlege ich, ob ich einen Satz, einen Blickkontakt oder ein Problem, das ich mitbekomme, für meine Bücher verwenden kann. Ich habe auch immer und überall meine Notizhefte dabei. Ich bin immer als „Spanner“ unterwegs.

Sie beobachten ja sicher nicht nur die Mitmenschen in Ihrem Dorf, sondern auch das Weltgeschehen. Wie lautet da Ihre Analyse?

Natürlich verfolge ich die Weltnachrichten und weil wir vorhin von „Grauslichkeiten“ gesprochen haben: Wirtschaft und Weltpolitik sind ein Desaster. Und wie die Politiker heutzutage miteinander umgehen, das hat keine Klasse mehr und kein Niveau. Die Menschen, die sich sonst überhaupt nicht für Politiker interessieren, plappern nur deren negative Wortmeldungen nach. Man hat den Eindruck, dass alle aufeinander eindreschen, ohne Rücksicht auf Verluste. Ich finde das alles sehr, sehr, sehr beunruhigend.

Sie haben wegen einer persönlichen Krise zu schreiben begonnen, um mit Krimis einen etwaigen Aggressionsstau abzubauen. Reagieren Sie mit Ihren Büchern auf das globale Desaster?

Ja, ich bin zu einer Serienmörderin geworden (lacht). Ich muss mir ja die ganzen Geschichten und Mordfälle einmal im Detail ausdenken und da muss man schon aus sich heraus auch einige negative Energie aufbringen. Auf diese Art bin auch schon zu einer Auftragskillerin geworden. Für meinen Sohn. Der kam eines Tages von der Schule heim und war wütend auf einen Lehrer. Er hat sogar so etwas gesagt wie: ‚am liebsten würde ich ihn umbringen‘. Und darauf hab‘ ich zu ihm gesagt. ‚So etwas darfst DU nicht einmal denken. Überlass das MIR, ich erledige das“. Und dann habe ich in meinem nächsten Eberhofer-Krimi einen Schuldirektor ins Jenseits befördert. Aber der Eberhofer ist draufgekommen, wer dahintersteckte (lacht).

Wie gehen Sie mit Ihrem Erfolg um?

Mir gelingt es sehr gut, mich zwischen den Lese- und Promotouren ins Landleben zurückzuziehen. Die meisten Leser oder Kinogeher kennen mein Gesicht gar nicht. Der Sebastian Bezzel ist da schlechter dran. Dem schlägt ständig irgendwo jemand krachend auf die Schulter und sagt: „Jöh, schau! Da is’ er ja, der Franz.“ Mir tut da aus Mitgefühl für diese Übergriffe selbst schon die Schulter weh.

Kommentare