Wie gelingt Ihnen das? Beobachten Sie die Menschen, die Ihnen im Alltag begegnen, um ihr Verhalten, ihre Manierismen zu studieren?
Es ist tatsächlich schwierig, mit mir irgendwohin zu gehen. Erstens, weil ich mit jedem rede – in Lokalen, auf der Straße. Ich frage die Leute, was sie so machen und arbeiten. Warum, wie und wieso. Also fast Spira-mäßig. Und beim Essen in einem Restaurant sitze ich oft abwesend da, weil ich den Gesprächen an den Nachbartischen zuhöre und mir die Menschen anschaue.
Sind die vielen unterschiedlichen Rollen, die Sie spielen, auch eine Art Selbstschutz, damit das Publikum keine Rückschlüsse auf den wahren Simon Schwarz ziehen kann?
Es ist tatsächlich so, dass ich es genieße, auf Dauer eines Rollenspiels nicht ich selbst sein zu müssen. Und dafür auch noch Geld zu bekommen. Aber als Selbstschutz? Das finde ich psychologisch. Das ist bei mir eher eine Sucht.
Sie sind in diesem Jahr 50 geworden. Denken Sie da schon manchmal an so etwas wie Pension, einen Rückzug in irgendeiner Form? Oder wollen Sie lieber spielen, solange es geht. Bis 100 womöglich?
Ich denke schon manchmal an irgendeine Form des Rückzugs. Aber ich glaube nicht, dass das funktioniert. Ich werde daher auf die andere Option zurückgreifen müssen. Manchmal habe ich auch Angst davor, dass das irgendwann einmal nicht mehr geht. Dass die Angebote ausbleiben. Daher betätige ich mich auch schon auf anderen Gebieten und versuche diverse Standbeine zu bauen. Ich habe einen Podcast und mache Dokumentationen.
Sie haben nie jugendliche Liebhaber verkörpert, sondern immer Komiker- oder Charakterrollen gespielt. Ist dieser Schauspielertyp nicht in jedem Alter gefragt?
Ich habe schon so viele Kollegen auf- und absteigen gesehen. So viele junge Kollegen, die mich überholt haben und bei denen ich mich gefragt habe: Was haben die, dass sie zu solchen Stars geworden sind? Und nach drei, vier Jahren haben sie auf einmal nichts mehr zu tun. Dass man so lange dabei sein kann wie ich, empfinde ich schon als Segen.
Im „Kaiserschmarrndrama“ sind Sie wieder in einer komischen Rolle im Einsatz. Wie beurteilen Sie als österreichischer Schauspieler in einem deutschen Film den immer wieder diskutierten Unterschied zwischen österreichischem und deutschem Humor?
Was die Eberhofer-Krimis betrifft, so folgen die einer tradierten Form des bayrischen Humors, mit dem wir ja auch großgeworden sind. Wie etwa mit dem „Monaco Franze“. Aber natürlich merkt man heute schon bei den Schulkindern, dass sie von der Globalisierung erfasst sind. An der Art wie sie sprechen, und – was den Humor betrifft – dass sie nicht nur die Programme österreichischer und deutscher Kabarettisten konsumieren, sondern auch via YouTube die englischen und amerikanischen Stand-up-Comedians. Ob das unter „Globalisierung“ fällt und wie das auf Dauer unseren Humor beeinflusst, kann ich nicht sagen. Aber ich merke, dass die entschleunigte Erzählweise der Eberhofer-Serie und der etwas träge Humor gerade bei jungen Leuten als „Old School“-mäßig gilt und sehr gut ankommt. So wie alte Schallplatten, die ja auch schon seit Jahren wieder auf dem Vormarsch sind. Das „Kaiserschmarrndrama“ ist – wie die ganze Eberhofer-Serie – superregional und damit superglobal. So etwas wie diese bayrische Dorfgemeinschaft gibt es wahrscheinlich auch in Südkorea oder in Chile. Das ist so wie bei der Sterne-Küche. Der Unterschied zwischen dem zweiten und dritten Stern liegt meistens im Angebot grandioser regionaler Spezialitäten. Wenn die Globalisierung des Humors auch in diese Richtung geht, würde mich das sehr freuen.
Eine Spezialität der Eberhofer-Krimis ist, dass die Leichen und Morde nicht dazu dienen, Spannung und Horror zu erzeugen, sondern um psychologische Zusammenhänge innerhalb der Dorfgemeinschaft zu entdecken.
Ja, genau. Es ist ja kein Krimi, in dem es um die Lösung eines Falles geht. Darauf weisen Sebastian Bezzel und ich in Interviews auch immer wieder hin. Eigentlich ist es eine Buddy-Komödie in einem Kosmos, den man auch versteht, wenn man die bisherigen Folgen nicht gesehen hat.
Sie haben Ihre Karriere am Theater begonnen und bei den Salzburger Festspielen im „Jedermann“ den Teufel gespielt, aber hauptsächlich spielen Sie in Filmen. Wollen Sie nicht über lange Zeiträume in immer gleichen Rollen auf einer Bühne stehen?
In einem meiner ersten Filme konnte ich schon mit einem Regisseur wie Stefan Ruzowitzky zusammenarbeiten, und damit hat sich ein Weg aufgetan, der für mich einfacher war als der eines Bühnenschauspielers. Und dann lag es auch daran, dass ich das, was ich in meinen jungen Jahren gesucht habe, am Theater nicht gefunden habe. Und zwar das komplette Hineinschlüpfen mit Haut und Haar in eine Figur. Das ist auf einer Bühne schwieriger als im Film. Weil das Theater eine Kunstform ist – Kunst auch im Sinne von Künstlichkeit. Bei den Filmrollen, die ich spiele, kann ich glauben, dass ich diese Figur bin – mehr als wenn ich den Hamlet auf der Bühne spielen würde. Jeder Theaterschauspieler – auch wenn er es nie zugeben würde – sucht die Resonanz im Publikum. Ich spiele aber nicht für ein Publikum – auch im Film nicht. Ich finde es schön, wenn es den Leuten gefällt, aber ich mache es nicht für sie, sondern in erster Linie für mich. Und wenn ich es für mich gut mache, dann kann ich mein Schauspiel auch anderen zumuten.
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