Sie hatten anfangs aber Schwierigkeiten, nicht wahr?
Ja, ich habe sogar den Autor Skip Hollandsworth angerufen, denn das Problem mit der Geschichte war, dass sich alles dauernd wiederholt. Das funktioniert filmisch nicht. Dann meinte Glen, „Mann, das ist ein Film, keine Doku, wir können ja machen, was wir wollen.“ Und damit kam der Kreativitätsfluss in Gang. Es war sofort klar, dass der Mann, den er spielt, Gary Johnson, eine fesselnde Figur ist. Der echte Gary Johnson war ein Psychologieprofessor, der als Nebenjob bei der Polizei arbeitete und nebenbei auch noch ein Ornithologe und Zen-Buddhist war. Sie nannten ihn den Lawrence Olivier der Fake-Auftragskiller. Er hat sich nicht nur als Killer ausgegeben gegenüber den Leuten, die ihre Ehe- oder Businesspartner umbringen lassen wollten, sondern er hat die Fantasie dessen, was ein Auftragskiller ist, verkörpert. Dazu kamen all seine Verkleidungen.
Ist die Lovestory wahr?
Ja, die kommt in einem Absatz im Artikel vor. Wir haben sie Madison genannt, diese Frau, die Gary beauftragt, ihren Mann umzubringen. Anstatt sie zu verhaften, wollte er nicht glauben, dass sie zu so einem Verbrechen fähig war. Er hat das Beste in ihr gesehen, und damit begann ihre Beziehung. Aber das waren die einzigen Anhaltspunkte in dem Artikel. Wir sind diesem Faden gefolgt und haben die Geschichte ausgebaut. Was wäre, wenn er sich verliebt, und wie erklärt er ihr, dass er ein falscher Auftragskiller ist? Und wenn er es ihr nicht sagt? Bleibt er dann in dieser falschen Identität gefangen? In dieser Maske, die so viel spannender ist als sein wirkliches kleines Leben? Mit all diesen Fragen hatten wir eine Story, einen Film.
Keiner Ihrer Filme hat ein hohes Budget. Wie schaffen Sie das?
Nur so. Die Wahrheit über Hollywood ist, dass man viel mehr Freiheit hat, wenn man entweder gar nicht von einem Filmstudio abhängig ist oder nicht deren Geld verprasst. Nichts kann mich davon abhalten, die Filme zu drehen, die ich machen will, denn keine meiner Ideen hat hohe Kosten. Ein enges Budget und ein kurzer Drehplan, und du bleibst am Boden.
Das heißt, dass Sie Ihre Filme oft unabhängig finanzieren müssen. Wie gehen Sie mit dieser Unsicherheit um?
Natürlich würde ich es lieben, so wie Vincent Minelli in den 1940er-Jahren bei einem Studio angestellt zu sein, und einen Anruf von Studioboss Darryl F. Zanuck zu bekommen, in dem er sagt, „am Montag beginnst du einen neuen Film.“ Dazu kommt noch, dass man damals als Regisseur Filme in ganz verschiedenen Genres machen konnte. Heutzutage machen Studios immer dasselbe: einen Actionfilm, eine typische romantische Komödie oder die 87. Fortsetzung von irgendwas, das schon erfolgreich war. Der winzigste Level an Ironie oder Intelligenz, und du spielst schon nicht mehr mit. Früher war das aber möglich.
„Before Sunrise“ wurde von Columbia Pictures herausgebracht…
Ja, aber der Film hat 2,7 Millionen Dollar gekostet, weniger als die Hälfte von „Dazed and Confused“! Das war nichts. Keiner hat sich erwartet, dass das ein Erfolg wird. Ethan Hawke, Julie Delpy und ich hatten jede Menge Spaß in Wien, während wir drehten, aber dass daraus ein Hit wird, hat keiner von uns erwartet. Wir haben uns gedacht, ja nett, wir machen einen europäischen Kunstfilm, wie cool.
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