Richard Burtons Tagebücher

Seine Tagebücher in den Jahren mit Liz Taylor.

Sie küssten und sie schlugen sich. Und sie spielten Würfelpoker. Was am meisten an Richard Burtons Berichten aus seinem Leben mit Elizabeth Taylor erstaunt, ist, wie unspektakulär es oft war. Alltag eben. „Abendessen zu Hause. Brathähnchen.“

Das berühmteste, bestbezahlte Showbiz-Paar seiner Zeit. Was schrieb er über sie, seine Lebensliebe, eine der schönsten Frauen ihrer Generation? „Sie ist ein nettes altes Ding, das muss man ihr lassen.“ (Mai 1966).

Die Tagebücher des großen Charakterdarstellers (1925–1984) sind soeben auf Deutsch erschienen. Sie bestätigen vieles, das man von Burton zu wissen glaubt. Der erste Eintrag am 1. Jänner 1965: „Vom Kater erholt.“

Und doch werfen die zwischen 1965 und 1972 geschriebenen Tagebücher ein neues Licht auf den walisischen Arbeitersohn, der sich die Seele aus dem Leib spielte und doch stets er selbst zu bleiben schien: Vom „Angry young Man“ (keiner konnte so wie er in „Blick zurück im Zorn“ diese „verdammten Kirchenglocken“ verfluchen) zum Shakespeare’schen Spötter Petruchio („Der Widerspenstigen Zähmung“) bis zum frustrierten Ehemann, der sich einen Psychokrieg mit seiner Frau liefert („Wer hat Angst vor Virginia Woolf“).

Wie authentisch schien dieser alkoholgeschwängerte Ehekrieg, gespielt von Burton und Taylor im grellen Licht des Sensationsjournalismus! Wie es wirklich war, erfährt man auch in Burtons Tagebüchern nicht. „Ich lüge nie, wenn ich schreibe. Ehrlich. Obwohl ich mir da nicht so sicher bin!“, schrieb Burton im Mai 1969.

Elizabeth Taylor – er nannte sie „Burt“ oder einfach „E.“ – las und schrieb mit. Von „Ich liebe dich“ bis „übellauniger Schweinehund“.

Dennoch schreibt er über seine Ehe oft schonungslos: „In den letzten zwei, drei Jahren sah E. morgens beim Aufwachen etwas fleckig aus. Ich habe ihr empfohlen, etwas Make-up aufzulegen.“ (November 1972)

Und dann ist da natürlich auch Kollegen-Schelte. Über Rex Harrison: „Idiot“. Über Natalie Wood: „Pekinesen-Augen“. Über Mia Farrow: „Sieben Kilo zunehmen und sich die Haare wachsen lassen“. Die Beatles mochte er auch nicht. Die Gitarre hielt er für ein „schreckliches Instrument“. „Die Beatles haben in dieser Hinsicht einigen Schaden angerichtet.“

Burton liebte Nurejew, Rugby und Baudelaire. Las „Les Fleurs du Mal“ im Original. Sein Tagebuch nannte er „erstaunlich langweilig“.

Abgründig

Das Banale, unmittelbar neben dem Abgründigen. Vieles, das die Erwartungshaltung gegenüber dem Skandal-Paar erfüllt: „Fing an, an ihr rumzunörgeln – zu Hause Truthahn zum Abendessen –, dann hemmungsloser Streit mit Klauen und Zähnen. Hab allein geschlafen!“

Eine häufige Konstellation. Essen (Brathuhn gab es oft!). Trinken. (Wiederholter Eintrag: „Ich war zu besoffen...“) Streit. Schon in den frühen Jahren. „Sind zum Abendessen gefahren und hatten moules marinières. Wieder Streit. Schlechte Angewohnheit von uns.“ Oft „alles wieder weggeküsst“.

Und doch erkennt man in dem wortgewaltigen Verführer, zwölftes Kind eines Minenarbeiters, einen feinsinnigen, von Selbstzweifeln geplagten mit sich selbst Hadernden: „Ich bin dick, dumm und hässlich“.

Heute noch prägt ihn der Ruf des rauflustigen, trunksüchtigen Schürzenjägers. Teils zu Recht: „Ich bin noch immer so antialkoholisch wie der Spross zweier anonymer Alkoholiker“, (Februar ’72). Er soll gerne selbst Geschichten über seine Eskapaden in die Welt gesetzt haben. Brüllte viel herum und war danach schuldbewusst. „Gestern hatte ich wieder einmal einen meiner Anfälle.“

Was ist schon Wahrheit. Auch das: Am liebsten war es ihm, sich mit einem Buch zurückzuziehen. Es gab Tage, da tat er nichts als „Kreuzworträtsel zu lösen, Kirschen zu essen (köstlich) und Burt zu ärgern.“ (3. Juni 1965).

Richard Burtons Tagebücher

Info: Richard Burton. "Die Tagebücher". Vorwort von Chris Williams. Mehrere Übersetzer. Haffmanns Tolkemitt. 750 Seiten. 36 Euro

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