Reichenau-Gründer Loidolt: „Irgendwann muss a Ruh im Leben sein!“
Der Rechnungshof rät dem Land Niederösterreich, die Subventionen für die Festspiele Reichenau einzustellen. Peter Loidolt, der das Festival mit seiner Frau Renate gegründet hat, ärgert sich – auch über die Medien: „Es ist ungeheuerlich, wie wir durch den Kakao gezogen werden! Was da an Unwahrheiten geschrieben wird!“ Aber dann gibt er doch ein Interview.
KURIER: 1986 übernahm Claus Peymann das Burgtheater. Die österreichischen Schauspieler standen auf dem Abstellgleis. War das mit ein Grund für die Gründung der Festspiele Reichenau? Sie fanden erstmals 1988 statt.
Peter Loidolt: Aber nein! Meine Frau ist aus Reichenau. Und ich hatte mit meiner Malerei national wie international Ausstellungen. Ich war jeden Sommer in Reichenau. Bereits 1981 gründete ich den Kulturverein. Uns fiel dieses verwahrloste Theater auf. Und in Reichenau waren ja Literaten zu Hauf gewesen, darunter Arthur Schnitzler, Stefan Zweig und Franz Werfel. Deshalb haben wir gesagt: Man müsste das Theater wieder zum Leben bringen!
Es gehörte der Gemeinde?
Es gehört ihr noch immer. Aber de facto gehören ihr nur die Mauern. Denn wir haben es außen wie innen total renoviert, wir haben den neuen Spielraum errichtet, wir haben die ganze Technik erneuert, wir haben ein erstklassiges Theater geschaffen. Das wurde über den Kulturverein gemacht. Er ist der Eigentümer der Festspiele Reichenau. 75 Prozent und eine Stimme haben wir, die restlichen 25 Prozent hat die Gemeinde.
Die Festspiele zahlen daher auch keine Miete oder Pacht?
Die Gemeinde war natürlich hoch erfreut über diese Entwicklung. Es war nie die Rede davon, dass sie etwas verlangen. Das Theater hatte ja gar keine behördlichen Genehmigungen mehr.
In der Folge haben Sie zwei GmbHs gegründet. Warum?
Weil ich große Erfahrung in wirtschaftlichen Angelegenheiten habe. Man kann nicht alles in einer Firma erledigen. Es muss ein Unternehmen geben, das die Kunden betreut. Und es muss eine Produktionsgesellschaft geben.
Ihre Tochter Sophie war nie involviert. Trotzdem hat sie Funktionen übernommen.
Wenn uns zwei, meiner Frau und mir, etwas passiert, dann muss jemand wissen, wie es weitergehen soll. Daher ist es doch besser, wenn sie bereits jetzt eine Funktion hat! Aber was soll die Frage mit der Tochter? Sie hat ihr Leben, sie ist Philosophieprofessorin in Darmstadt und hat nie etwas bezogen!
Der RH kritisiert aber …
Geh, hören S’ ma auf mit dem Rechnungshof! Der Bericht interessiert mich nicht! Wir sind ein Privatbetrieb und nicht zur Transparenz verpflichtet. Wir sollen darlegen, wie viele Wurstsemmeln wir für eine Probe gekauft haben? Also bitte! Der RH darf uns gar nicht prüfen. Wenn, dann ist das ein Problem des Landes. Aber es hat alles in Ordnung empfunden – und die Subventionen ausbezahlt. Und in ganz Österreich gibt es keinen anderen Kulturbetrieb, der jedes Jahr 2,4 Millionen Euro einspielt und sich zu 85 Prozent selber deckt! Dass wir eine Steuernachzahlung hatten, stimmt nicht!
Ihre Frau und Sie arbeiteten immer auf Erfolgsbasis?
Ja, anders hätten wir es auch nicht gemacht. Wir wollten kein festes Gehalt, sondern erfolgsorientiert bezahlt werden. Meine Frau und ich bekommen je 7,5 Prozent von den Erlösen. Das basiert auf einem Vertrag, der von Hermann Dikowitsch, dem Leiter der Kulturabteilung, unterschrieben wurde. Das Geld ging an die Forus GmbH – als Anlage für die Rentenzahlung, wenn wir nicht mehr arbeiten. Die Firma Forus hat die Investitionen finanziert. Und daher wird nun vom Theater eine Miete an diese Firma bezahlt.
Das habe ich jetzt nicht ganz verstanden …
Der RH auch nicht.
Wovon haben Sie gelebt?
Das geht Sie gar nichts an. Ich war ein Top-Manager in einer amerikanischen Reederei und daher nicht auf die Einnahmen angewiesen. Wir haben nur eine Absicherung geschaffen, wenn wir krank sind oder so. Und ich war letzten Herbst schwer krank, hatte geplatzte Magengeschwüre, eine Riesenoperation!
Zuvor wurden die Festspiele wegen Corona abgesagt. Weil die Produktionen um ein Jahr verschoben werden sollten, mussten Sie keine Ausfallshonorare zahlen.
Weil in den Verträgen eindeutig drinsteht: Wenn es die finanzielle Lage nicht erlaubt… Ich werde Ihnen jetzt nicht die Details bekanntgeben! Aber der Vertrag ist niet- und nagelfest. Und wenn die Künstler clever sind, gehen sie eben zum Staat. Für ihren Verdienstentgang bekommen sie ja was! Sie informieren sich nur nicht.
Nun haben Sie auch 2021 abgesagt. Das Problem ist aber, dass sich die Künstler freigehalten haben und nun ohne Engagements dastehen.
Die hätten doch eh keine Engagements gehabt! Eine Lesung, aber sonst nichts. Die behaupten das doch nur! Dafür hätte ich gerne Beweise!
Mehrere Künstler wollen nun Klage einbringen ...
Aber wir können doch nichts für die Pandemie! Wenn der Staat sagt, dass nur 50 Prozent des Publikums in den Saal darf, dann deckt sich die Aufführung nicht. Jetzt kann man es sich als Veranstalter aussuchen: Man sagt ab – oder man geht in Konkurs. Aber auch in diesem Fall kriegen die Künstler nix.
Sie wollen nun tatsächlich ganz aufhören?
Ja. Meine Frau ist 70, ich bin 76. Irgendwann muss a Ruh im Leben sein! Wir machen ganz sicher nicht weiter.
Wer soll Ihnen nachfolgen?
Das sag ich Ihnen sicher nicht! Aber ich werde niemanden in die Sache hineinhetzen, wenn die Angelegenheit nicht mit dem Land geklärt ist. Notfalls sperren wir das Theater einfach zu – und dann gibt es eben keine Festspiele mehr.
Aber es ist, wie Sie erklärt haben, auch die Gemeinde involviert.
Und die ist auch entsetzt, was jetzt passiert.
Wer auch immer nachfolgt: Wird sie oder er frei entscheiden können?
Er wird unsere Hilfe brauchen. Und auch die tausenden Mitglieder des Kulturvereins!
In der Nähe findet der Kultursommer Semmering statt. Halten Sie eine Kooperation für möglich?
Nein! Ich war lange Obmann vom Theaterfest Niederösterreich. Und ich bin gegangen. Die Qualität war zwar da und dort recht gut, aber es gab auch sehr viele Standorte, wo es die Aufführungen nur für den Fremdenverkehrsbedarf gab.
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