Keith Warner, der an der Wien szenisch schon oft für Furore sorgte: „Dieser ,Egmont ist moderner, zukunftsweisender und heutiger. Goethes Frauenbild anhand von Egmonts geliebter Clara wird in die Gegenwart gerückt. In Wahrheit ist sie die einzige, die erkennt, dass Freiheit an sich schön und gut ist, aber der Preis dafür auch extrem hoch sein kann.“
Soll heißen: Der Freiheitskämpfer Egmont setzt sich in Josts Werk (wie bei Goethes Trauerspiel) für die Unabhängigkeit der von Spanien besetzten Niederlande ein, findet aber in dem despotischen Herzog Alba seinen erfolgreichen (?) Widerpart. Letale Konsequenzen inklusive. Und die Freiheit? Eine Utopie?
„Nein“, sagt Keith Warner. „Freiheit darf nie eine Utopie sein, und wir müssen heute mehr denn je für sie kämpfen. Denn Freiheit bedeutet im Geiste Beethovens, dass wir einander als Brüder, als Menschen begegnen, unabhängig davon, woher wir kommen“, so der gebürtige Brite.
Stichwort England. Wie sieht Warner eigentlich den Brexit? „Das ist nur eine erbärmlich schlechte Show, die ich nie inszenieren würde. Boris Johnson, Nigel Farage und Konsorten spielen mit einem ganzen Land, spielen mit Europa, nur um ihre eigenen Interessen durchzusetzen. Da geht es ja nicht um irgendwelche Fischerei-Rechte, da geht es nur um das übergroße Ego der Beteiligten. Ich finde das zutiefst reaktionär und antidemokratisch“, sagt der längst auch als Buchautor erfolgreiche 63-Jährige.
Und mit dann Understatement: „Wahrscheinlich sollte ich wegen des Brexit nach Schottland oder Wien übersiedeln. Hier lebt man sehr gut, und ich bin bekennender Europäer. Außerdem hat der britische Premier Boris Johnson ein Haus direkt neben meinem erworben. Auch wenn er jetzt in der Downing Street wohnt, ist das nicht die beste Nachbarschaft“, so der deklarierte Wagnerianer.
Wagners „Meistersinger“ wird Warner übrigens demnächst in Prag inszenieren. Und auch für das Theater an der Wien ist nach dem „Egmont“ ein größeres Opernprojekt in Planung.
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