"Nur Zurücklehnen in der Oper gibt's nicht"

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Damiano Michieletto inszeniert Gioachinos Rossinis selten gespielten "Otello", ab Freitag (19. Februar).

Er ist bekannt und berühmt für seine szenisch oft unkonventionellen, dabei aber stets spannenden Sichtweisen auf scheinbar bekannte Stoffe: Regisseur Damiano Michieletto. Ab Freitag zeigt der gebürtige Venezianer seine Interpretation von "Otello" im Theater an der Wien. Allerdings nicht jenen von Giuseppe Verdi, sondern die ziemlich selten gespielte Vertonung aus der Feder Gioachino Rossinis, "die mit Shakespeare wenig zu tun hat".

"Nur Zurücklehnen in der Oper gibt's nicht"
Oper
Aber, so Michieletto im KURIER-Gespräch: "Dieses Werk hat durchaus seinen Reiz, auch wenn das Libretto vor allem im Finale kleine Schwächen aufweist. Die bekannte Intrige wird hier anders dargestellt. In Wahrheit geht es um zwei Männer, die eine Frau, nämlich Desdemona, lieben. Otello, der Fremde. Und Rodrigo, der zur Upper-Class gehört. Jago ist hier auch ein Intrigant, aber er hat bei Rossini bei weitem nicht die Bedeutung wie bei Verdi."

Michieletto weiter: "Mein Ausgangspunkt war das Gefühl der Angst. Wer ist dieser Otello? Definitiv einer aus einer anderen Kultur, mit dem man zwar gern und gut Geschäfte macht, der aber nicht das Recht hat, in eine unter Anführungszeichen ,heile Welt’ einzudringen. Ich habe mich daher für eine Familienaufstellung entschieden, die weh tut. Nur Otello ist nicht Teil dieser schrecklich netten Familie rund um Desdemona, Rodrigo, Jago und Co."

Ja, dem Regisseur geht es auch um den Umgang mit einer fremden Kultur, um Fragen, "die wir uns in Europa auch aufgrund des Flüchtlingsdramas stellen müssen".

Kein Zurücklehnen

Denn: "Ich finde, das Musiktheater sollte prinzipiell immer etwas über unsere heutige Gesellschaft aussagen. Nur ein nettes Zurücklehnen geht in der Oper gar nicht. Wir stehen in unser angeblich so tollen westlichen Zivilisation vor Herausforderungen, die immer größer und größer werden. Ich finde, die Kunst sollte darauf nach Möglichkeiten Antworten geben oder zumindest den Finger ganz bewusst in offene Wunden legen. Denn Unterhaltung allein kann nicht das Ziel sein."

Ein Credo, dem Michieletto bis dato in jeder seiner Arbeiten treu geblieben ist und wohl auch treu bleiben wird. Auch im Theater an der Wien, wo er 2018 wieder inszenieren wird.

Zuvor aber gilt es, ein anderes Werk auf seinen Gegenwartsbezug abzuklopfen. "Ich mache im Piccolo Teatro in Mailand Weills ,Dreigroschenoper’. In italienischer Sprache, mit Schauspielern, die aber singen können. Das ist eine große Herausforderung."

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