Aktivismus in Russland ist für Pussy Riot praktisch nicht mehr möglich, „weil wir diesen großen Namen haben“, sagt Burkot. „Trotzdem gibt es noch welche, die in Russland weiterhin jede Woche im Untergrund kämpfen.“ Unter großer Gefahr, erst kürzlich wurde ein Sprecher der Band in Abwesenheit zu acht Monaten Haft verurteilt.
Auch Solidaritätsauftritte in der Ukraine sind derzeit nicht möglich, erzählt die Sängerin, „weil das ukrainische Volk nicht wirklich mit Russen zu tun haben will. Mir ist völlig klar, warum das so ist. Es ist unser Land, das diesen Krieg in der Ukraine begonnen hat. Man kann nur erahnen, was sie fühlen und wann sie bereit sein werden, wieder zu kommunizieren. Natürlich werden wir sie weiterhin unterstützen.“
Über Forderungen nach Friedensgesprächen mit Putin sagt sie: „Ich denke, die Ukraine sollte entscheiden - und das ukrainische Volk."
Sturmhauben als Symbol
Dass die Wiener Festwochen die Sturmhauben von Pussy Riot verwenden, findet sie gut. „Warum nicht? Am Anfang war die Balaclava für uns ein Mittel, um anonym zu bleiben, weil das das Konzept der Band war. Aber dann wurde sie irgendwie zu einem Symbol für Demokratie, Meinungsfreiheit und Aktivismus. Eigentlich ist es eine große Ehre.“
Burkot freut sich auch deshalb in Wien zu sein, weil es die Heimat des Wiener Aktionismus ist. Das habe sie „wirklich stark“ inspiriert, bereits auf der Kunstschule in Moskau. „Sie hatten damals bereits alle Tools und Strategien entwickelt“, die für Pussy Riot wichtig sind.
Klassiker bei Eröffnung
Am Freitag wird sie mit der Elektro-Musikerin Ronja Jóhannsdóttir und dem Cellisten Olof Valsdottir zwei Pussy-Riot-Klassiker spielen, darunter auch „Virgin Mary, Put Putin Away“, das Lied aus dem berühmten Kirchenauftritt.
Wann zurück?
Sie selbst führe seit ihrer Flucht vor fast zwei Jahren ein Leben aus dem Koffer. „Lange Zeit dachte ich, dass ich bald nach Russland zurückkehren werde. Es ist schwierig, in dieser Stimmung zu leben, dass du vielleicht morgen zurückkehren kannst, vielleicht auch nicht. Aber nun bin ich nach Island gezogen.“
Aufenthalte in Haft seien anfangs noch ein Mittel des Aktivismus gewesen. „aber wenn ich jetzt nach Russland zurückkehren würde, wäre es ziemlich sicher der direkte Weg ins Gefängnis, vielleicht für sieben, acht Jahre. So viele wirklich mutige Leute sind schon dort, eine weitere Person dort würde nichts ändern. Vielleicht bin ich außerhalb Russlands hilfreicher, weil wir dieses Regime sowohl von innen als auch von außen bekämpfen.“
Die Musikerin sieht auch in Europa Gefahren, weil gerade jetzt immer mehr rechte Parteien stärker würden, „einige von ihnen werden tatsächlich vom Kreml gesponsert.“
Ob der Regime Change in Russland nur nach dem Tod Putins möglich sei? „Ich habe ihm eigentlich nie den Tod gewünscht“, sagt Burkot. „Es wäre zu einfach. Ich denke, es wäre cooler, wenn Putin ins Gefängnis geht. Als warnendes Beispiel dafür, was mit Politiker passieren kann, die beschließen, dasselbe zu tun.“
Gefühl von Sicherheit
Bei ihren Shows ("Riot Days") und ihren Tourneen (aktuell „Anti-War“) fühlt sie sich „wirklich sicher. Ich habe beschlossen, meine Situation nicht zu sehr zu dramatisieren. Es ist besser, aktiv zu sein und nicht ständig Angst zu haben. Sollte einmal etwas passieren, dann ist es eben so.“
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