Bei der Festwochen-Eröffnung weht jetzt ein anderer Wind

Bei der Festwochen-Eröffnung weht jetzt ein anderer Wind
Bei der Präsentation des Programms für Freitag wurde eine Mischung aus „Kunst, Politik und Aktivismus“ angekündigt. Die Übertragung wird auch für den ORF herausfordernd.

Ein frisches Mailüfterl wehte am Mittwochvormittag beim Pressegespräch einige Servietten über den Wiener Rathausplatz. Bei der Eröffnung der Wiener Festwochen am Freitag (ab 21.20 Uhr auf ORF2) dürfte mehr als ein Lüfterl wehen. Damit ist nicht nur die Wetterprognose gemeint. 

Bisher war das musikalisch geprägte Eröffnungsevent eher ein Fremdkörper, der sich kaum aufs mitunter avantgardistische Festivalprogramm bezog. Festwochen-Intendant Milo Rau will das ändern. Bei früheren Eröffnungen seien gefühlt „immer dieselben 20 Stimmen“ zu hören gewesen und er habe sich gefragt: „Wo sind die anderen zwei Millionen?“

„Ausrufung der Republik“: Außergewöhnliche Performance eröffnet Wiener Festwochen 2024 am 17. Mai – live in ORF 2 und 3sat

Windige Verhältnisse bei der Präsentation mit Veronica Kaup-Hasler, Diana Burkot (Pussy Riot), Milo Rau. Herwig Zamernig und Karin Veitl

Die Wiener Festwochen seien "das größte Crossover Festival Europas", sagte Rau. "Und ich glaube, dass wir diese Verantwortung, dieses riesige Festival zu machen, mit einer Geschichte erfüllen muss, dass man das mit der Stadt füllen muss." Dementsprechend groß und vielgestaltig sei das Aufgebot auf der Bühne, inklusive Chören. "Genau diese Bühne gehört an diesem Abend der Stadt und eben nicht nur dem Mainstream."

 

Am Freitag wird auch die titelgebende, künstlerische „Freie Republik Wien“ ausgerufen. Mit dem Musikprogramm – u.a. Pussy Riot, Gustav, Voodoo Jürgens, Bipolar Feminin – sei „eine Mischung gelungen, den Platz trotz des angekündigten Regens zum Explodieren zu bringen“, sagte Rau. Sprechen werden auch Mitglieder des bereits viel diskutierten „Rats der Republik“ wie Flüchtlingsaktivistin Carola Rackete oder die Schriftstellerinnen Elfriede Jelinek und Sibylle Berg.

Wiens Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) erinnerte an die Diskussionen rund um die Rede von Omri Boehm und um die Ratsmitglieder Annie Ernaux und Yanis Varoufakis, denen Antisemitismus vorgeworfen wird: „Wir haben im Vorfeld auch schwierige Auseinandersetzungen geführt, die auch notwendig waren.“ Dadurch sei ein „Raum des Sprechens und des Zuhörens“ entstanden. Die Eröffnung betrachte sie als "Vorgeschmack auf ein Festival, das sozusagen die Polis bestimmt", erinnerte sie an Theaterfestivals in der Antike, bei denen Politik und Kunst verhandelt wurden, aber auch ein "Ort der Gemeinsamkeit und des Feierns" geschaffen wurde.

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Farben

Rau wiederum bezeichnete den Vergleich einer der künstlerisch gestalteten „Republik“-Fahnen mit der Palästinaflagge, als den "absurdesten". Nur zwei Farben der Palästinaflagge würden überhaupt in dem betreffenden Design vorkommen.

"Aller Farben ist das Glück", heißt hingegen eine der Republikshymnen von Herwig Zamernik, der die Eröffnung musikalisch verantwortet. Das Musikstück wurde am Mittwoch vorgespielt (mit Rau am Schlagwerk), in ihr heißt es unter anderem: "Geh nach Haus, Kapitalisti": Die Hymne wendet sich zudem an „euch Scheiß Rassisten“. Zamernik, alias Fuzzman, zeigte sich „froh, dass das Festival sich traut, ein nicht mainstreamiges Musikprogramm zu haben“. 

Herausfordernde Bühnenshow

ORF-Ressortleiterin Musik und Theater, Karin Veitl, sprach für den ORF, der sich besonders darum bemüht sei, "den Zuschauern auf ORF2 das näherzubringen, was den Festwochen wichtig ist - und somit auch dem ORF. Man sei in diesem Jahr in "sehr intensivem Austausch" gewesen. Es sei "keine leichte Bühnenshow, weil es viele Elemente gibt, wo wir sehr eng zusammenarbeiten müssen."

Dass bei der diesjährigen Eröffnung die Ausrichtung wesentlich kantiger ist, könnte bei einer Live-Übertragung durchaus zu aktivistischen Überraschungen sorgen. Auf KURIER-Anfrage erklärte Veitl, dass man sich als Broadcaster nur hinsichtlich der heuer besonders vielfältigen produktionstechnischen Details abgestimmt habe, "Wie bei allen TV-Übertragungen künstlerischer Darbietungen ist für den Inhalt des Programms allein der Veranstalter verantwortlich."

 

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