Psychotherapiestunde ohne die geringste Chance auf Heilung

Mozart in der Irrenanstalt: Emóke Baráth als Susanna und Alex Esposito als Figaro an der Wien.
Mozarts "Le nozze di Figaro" an der Wien: Szenisch und musikalisch mehr als zwiespältig.

Die Idee ist brillant, die Umsetzung leider nicht ganz. Im Theater an der Wien setzt Regisseur Felix Breisach bei Wolfgang Amadeus Mozarts "Le nozze di Figaro" alles auf eine Karte, um letztlich doch wie ein begossener Pudel im Buh-Orkan zu stehen.

Was ist beim zweiten Teil der Mozart/Da Ponte-Trilogie (Paisiellos "Barbiere" war schon zu sehen, und Darius Milhauds "La mère coupable" folgt im Mai) schief gegangen? Ziemlich viel.

Denn Breisach verlegt die Handlung – und das ist sogar plausibel – in eine Irrenanstalt. Graf Almaviva ist hier eine Art Chefarzt, der nach der Therapiegruppe "Parsifal" zur Therapiegruppe "Figaro" bittet.

Cherubino ist da ein Transsexueller, Barbarina ein drogenabhängiges Punk-Girl, Figaro ein intellektuell wohl fehlgeleiteter, aufbegehrender Patient, Susanna seine ihm gar nicht so nahe stehende Gefährtin. Die Gräfin ist die Frau des Anstaltsleiters mit Hang zur Patienten-Beglückung. Das übrige Personal: meist Verwandte der Anstaltsinsassen. Das ist zwingend, bestechend und optisch durch Jens Kilians zweistöckiges "Zauberberg"-Bühnenbild eindrucksvoll.

Eindrücke aus "Le nozze di Figaro"

Psychotherapiestunde ohne die geringste Chance auf Heilung

ARCHIVBILD: FOTOPROBE "LE NOZZE DI FIGARO"
Psychotherapiestunde ohne die geringste Chance auf Heilung

ARCHIVBILD: FOTOPROBE "LE NOZZE DI FIGARO"
Psychotherapiestunde ohne die geringste Chance auf Heilung

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Psychotherapiestunde ohne die geringste Chance auf Heilung

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Psychotherapiestunde ohne die geringste Chance auf Heilung

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Psychotherapiestunde ohne die geringste Chance auf Heilung

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Psychotherapiestunde ohne die geringste Chance auf Heilung

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Psychotherapiestunde ohne die geringste Chance auf Heilung

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Psychotherapiestunde ohne die geringste Chance auf Heilung

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Psychotherapiestunde ohne die geringste Chance auf Heilung

ARCHIVBILD: FOTOPROBE "LE NOZZE DI FIGARO"

Böse Rollenspiele

Woran Breisach dennoch scheitert: Die anfangs so fein herausgearbeiteten Psycho-und Rollenspiele (komisch ist hier gar nichts!) verlieren im Laufe der Zeit immer mehr an Intensität, eine Auflösung ist nicht in Sicht. Ja, die Mozart und Da Ponte spielenden Patienten begehren gegen den so selbstherrlichen Chefarzt auf; irgendwann ist die Therapiestunde aber einfach zu Ende. Ganz nach dem Motto: Operation geglückt, Patient tot. Und die bei Mozart auch vorhandene zwischenmenschliche Erotik erstickt im sterilen Klinikum. Schade.

Biedere Anstaltsmusik

Weitaus problematischer ist die musikalische Seite. Denn Marc Minkowski – dem Vernehmen nach gab es im Vorfeld Unstimmigkeiten zwischen Regisseur und Dirigent – bügelt am Pult der wenig animiert spielenden Les Musiciens du Louvre Grenoble Mozart teilweise richtig nieder. Uninspiriert, ohne Esprit, ohne Dramatik wird Mozart hier zur Hintergrundmusik degradiert. Bedenklich.

Und die Sänger? Sie sind mehr als Schauspieler im Einsatz. Bariton Stéphane Degout gibt aber einen auch gesanglich überzeugenden Almaviva. Alex Esposito ist ihm als Figaro ein stimmlich ebenbürtiger Partner, und die nun auch wieder bei den Salzburger Festspielen als Gräfin gebuchte Sopranistin Anett Fritsch zeigt, dass sie eines Tages vielleicht eine tolle Contessa werden könnte.

Als Susanna bleibt die Sopranistin Emóke Baráth eher blass; Ingeborg Gillebo ist als Cherubino eine vokale Enttäuschung. Der Rest des Ensembles agiert wie auch der Arnold Schoenberg Chor souverän, kann diese Produktion aber dennoch nicht retten.

Werk: Mozarts "Le nozze di Figaro" wurde 1786 im Burgtheater uraufgeführt. Das Theater an der Wien zeigt alle, von den drei Komponisten Paisiello, Mozart und Milhaud vertonten Teile der Lorenzo da Ponte-Trilogie.

Inszenierung: Ein toller Ansatz, der sich aber letztlich leider nicht ganz ausgeht.

Dirigat: Erschreckend bedeutungslos.

Gesang: Zwischen gut und schwach.

KURIER-Wertung:

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