Peter Handke: Die Debattentür lässt sich nicht einfach so zuschlagen

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Kommentar zum Eklat in Griffen: Der streitbare Autor rügt die Medien – und geht damit in eine für ihn unwürdige Defensivposition.

Seit dem Literaturnobelpreis herrscht auf der Einbahnstraße, auf der Peter Handke fährt, plötzlich scharfer Gegenverkehr: Dem Autor, der so gerne in den Wald hineinruft, schallt es von dort aus auf einmal ebenso laut entgegen. Handkes Freundschaft zu und Verbrüderung mit serbischen Kriegsverbrechern hat heftige Kritik an Handke, aber auch an der Schwedischen Akademie als Echo: Die Akademie hat ausgerechnet in dem Jahr, in dem sie aus dem Schutt und der Asche des #MeToo-Skandal geläutert wieder auferstehen wollte, mit der Vergabe an Handke viele Menschen vor den Kopf gestoßen.

Dass der zornige Mönch, zu dem Handke in Werk und Existenz geworden ist, auf die vielen Anwürfe nicht gelassen reagieren würde, war klar. Als Autor erwartet Handke Rezeption, keine Reaktion: Er hat mit seiner Serbien-Position viele Menschen gegen sich aufgebracht, was diese sagen, wollte er aber schon damals nicht hören.

„Ich bin Schriftsteller“

Damit ist nun, im grellen Licht der Nobelpreis-Öffentlichkeit, Schluss. Und gleich die erste Konfrontation Handkes mit der Reaktion ging wie erwartet aus. In Griffen, seinem Kärntner Herkunftsort, fühlte sich Handke von Journalistenfragen zu seiner Serbien-Position derart belästigt, dass er es zum kleinen Eklat kommen ließ.

„Ich bin ein Schriftsteller, ich komme von Tolstoi, ich komme von Homer, ich komme von Cervantes. Lasst mich in Frieden und stellt mir nicht solche Fragen“, sagte Handke zu Journalisten, die ihn auf die Kritik von Autor Saša Stanišić ansprachen. Handke wolle, so empörte er sich, „nie wieder“ Fragen von Journalisten beantworten.

Stanišić hatte den Gefühlen vieler Ausdruck verliehen: Dass nämlich Handke sich „an die Seite der Mörder und Miloševic-Freunde“ gestellt, jene aber, „die gegen Miloševic in Scharen auf die Straße gingen, ignoriert“ hat.

Handke versucht nun, dieser Debatte die literarische Tür vor der Nase zuzuknallen – was nicht gelingen kann, was aber auch eine unwürdige Defensivposition für einen selbst so streitbaren Autor ist.

Er hat nämlich seine Serbien-Exkurse explizit auf Gegenläufigkeit angelegt: Handke war, als Vorläufer der „Fake News“-Schreier, darauf aus, den Meinungsmainstream zu unterlaufen. Er wollte dagegenhalten.

Nun, dagegenhalten lässt es sich leichter, wenn keiner drückt.

Jetzt steht Handke plötzlich selbst unter Druck. Dass er sich da sofort auf die flüchtige Position des Autors von weltgeschichtlichem Rang zurückziehen will, das wäre mit dem sonstigen Werk durchaus vereinbar.

Aber Handke selbst war in die geistige Offensive gegangen. Und Schlachten hören nicht dann einfach auf, wenn der Angreifer nicht mehr will. Entgegen seines Vorwurfs, den er an die Medien gerichtet hatte, kann man Handke sogar gelesen haben – und seine Serbienposition dennoch zurückweisen. Diese Diskussion hat sich der Autor selbst eingehandelt; einseitigen Rückzug kann er nun keinen erklären.

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