Chef des Technischen Museums: "Das System sieht eine solche Krise nicht vor"

Chef des Technischen Museums: "Das System sieht eine solche Krise nicht vor"
Peter Aufreiter, der neue Direktor des Technischen Museums Wien, über die Malaise aufgrund der Corona-Epidemie

Peter Aufreiter, 1974 in Linz geboren, hatte nach dem Studium im Freud Museum, im KHM und im Belvedere gearbeitet – im Ausstellungsmanagement. Von 2015 an leitete er die Galleria Nazionale delle Marche in Urbino. Und nun, seit Jänner, ist er der neue Direktor des Technischen Museums Wien.

KURIER: Es gab eine große Aufregung, weil die Bundesmuseen erst wieder am 1. Juli aufsperren wollten. Verstehen Sie die Entrüstung?

Peter Aufreiter: Wir haben das unterschätzt. Ob die Museen in dieser Gesundheitskrise und all der Unsicherheiten am 1. Juni oder am 1. Juli aufsperren: So what? Aber es ist natürlich schön, dass der Wunsch nach der baldigen Wiedereröffnung derart groß ist. Andererseits: Wir halten uns ja nur an das Gesetz und unsere Verträge, in denen dreimal darauf hingewiesen wird, dass wir der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit verpflichtet sind. Man kann nicht kritisieren, wenn wir uns danach richten – und die Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken, um die Liquidität zu retten. Eigentlich handelt es sich um eine Kritik am System. Viele denken, es kann doch nicht sein, dass ein Museum, das ohnedies im Staatsbesitz ist und mit Steuergeldern finanziert wird, nur geöffnet sein kann, wenn es von Touristen überrannt ist. Aber die Bundesmuseen sind seit 20 Jahren ausgegliedert.

Manche Museen haben sich jedoch von den Touristenströmen abhängig gemacht. Sie waren ja am Belvedere ...

Das System hat das ermöglicht oder sogar erwünscht. Denken Sie nur an den Klimt-Hype! Man macht nicht vorhergesehene Mehreinnahmen und muss befürchten, künftig weniger Basisabgeltung zu erhalten.

Daher ist es aus Sicht der Manager zielführender, das Geld gleich zu investieren …

Die Mehreinnahmen ermöglichten uns, mehr Projekte zu realisieren und mehr Personal einzustellen. Die Personalzahlen sind überall im Museumsbereich stark gewachsen: Das KHM hatte vor zwölf Jahren 450 Mitarbeiter – und nun sind es 700. Im Belvedere waren es, als ich dort begann, 180 Mitarbeiter – und jetzt sind es vielleicht 300. Die Mitarbeiter haben aber natürlich ihre Daseinsberechtigung: Es wurden z. B. die Forschungsabteilungen ausgebaut oder erst gegründet. Und die Vermittlung wurde intensiviert. Dieses System sieht allerdings eine solche Krise nicht vor. In England ist es anders: Da ist der Eintritt in die Museen gratis. Es ist daher vom wirtschaftlichen Standpunkt egal, ob es fünf Besucher gibt oder 5000. Daher gibt es in einer solchen Situation keine Einnahmenverluste. Aber die Kosten für den Staat sind insgesamt ungleich höher.

Die Museen müssen daher wieder gesundschrumpfen?

Auch das sieht das System nicht vor. Denn wir können nicht 200 Mitarbeiter kündigen, nur um weniger Kosten zu haben. Und es ist nicht sinnvoll, die Forschungsabteilungen zu schließen – vor allem, weil wir wissen, dass die Krise vorbeigehen wird. Wir brauchen daher einen staatlichen Rückhalt – und den hat uns die Staatssekretärin zugesichert, auch wenn noch unsicher ist, in welchem Ausmaß.

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