Der Oscar für den billigsten Film

Warum es heuer so viele neue Gesichter bei der Gala gibt (Hinweis: Es geht auch ums Geld).

Es wird ja doch nicht alles immer nur teurer.

Billiger wurden zuletzt etwa Strom, Gas, Handy- und Internetverträge. Und der Oscar für den Besten Film.

Denn anspruchsvolle Filme, jene also, die Chancen auf den höchsten Filmpreis haben, werden mit immer kleineren Budgets gedreht. Wie das Spar-Portal cuponation.at ermittelt hat, kostete keiner der Kandidaten für den Besten Film heuer mehr als jene 47 Millionen Dollar, die für "Arrival" ausgegeben wurden.

Der Oscar für den billigsten Film
Der große Favorit "La La Land" wurde überhaupt nur um 30 Millionen Dollar gedreht und kostete damit ein Zehntel des einst ebenfalls 14-fach nominierten Hits "Titanic"; viele Konkurrenten um den Haupt-Oscar waren sogar noch billiger: "Hidden Figures" kostete 25 Millionen Dollar, "Moonlight" überhaupt nur fünf Millionen Dollar. Für Hollywood-Verhältnisse sind das Peanuts (solche Budgets findet man auch im vergleichsweise finanzschwachen europäischen Film).

Und mehr wollen die Studios in derartigen Content auch nicht investieren. Denn die kalifornische Traumfabrik ist schon seit Jahren in einer Zwickmühle: Die Aufmerksamkeit der Kinobesucher konzentriert sich auf wenige Spitzenfilme, und die sind zumeist Superhelden-, Science-Fiction- oder Animationsfilme. Also nicht Hauptpreis-würdig. Auf diese Filme werden die gewaltigen Produktionsbudgets geworfen.

Neue Gesichter

Die einstige besuchermäßige Mittelklasse aber, jener Bereich, in dem sich Hollywood etwas traute, verliert rasant beim Massenpublikum, in den jungen Besucherschichten überhaupt radikal. Stars, die echte Menschen spielen: Das zieht in Zeiten des hochklassigen Streamingfernsehens immer weniger (junge) Menschen ins Kino. Daher müssen diese Filme billiger produziert werden. Und das hat auch sein Gutes. Denn dadurch tauchen plötzlich in Hollywood viele neue Gesichter auf, die wichtige Rollen spielen (siehe Seite 36) – oder Filme drehen.

Jemand wie Barry Jenkins: Der 1979 geborene Afro-Amerikaner, dessen Low-Budget-Erstling "Medicine for Melancholy" den Geist des Independent Films atmete, konnte mit seinem (zweiten) Film, dem Schwulen-Drama "Moonlight", acht Oscar-Nominierungen einfahren. Oder der Franko-Kanadier Denis Villeneuve, Regisseur von "Arrival": Er kombiniert in seiner Karriere erfolgreich Arthouse-Sensibilität mit Hollywood-Genrekino und darf jetzt die Big-Budget-Fortsetzung "Blade Runner 2049" drehen. Selbst Damien Chazelle, Harvard-Abgänger und Regisseur von "La La Land", ist mit erst 32 Jahren eine Art Newcomer.

Und es tauchen auch neue Produktions-Player auf, die in Hollywood mitmischen. Amazon wurde zum ersten Oscar-nominierten Buchhändler; was natürlich nicht mehr stimmt: Der Online-Gigant ist nicht nur weltweit führender Technologie-Dienstleister, sondern auch Medienproduzent für den eigenen Streamingdienst. Und hat jetzt mit "Manchester by the Sea" und dem iranischen Film "The Salesman" (Bester fremdsprachiger Film) prominente Film-Nominierungen einstreifen können. Denn die derzeit für wichtige Oscars ausreichenden Budgets hat der milliardenschwere Konzern in der Portokassa.

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