Aber auch James Cameron, Regisseur von "Avatar: The Way of Water“, und Tom Cruise, Star von "Top Gun: Maverick“, fehlten im Saal: Cameron war nicht in der Kategorie bester Regisseur nominiert worden und deswegen vielleicht beleidigt, mutmaßte der Gastgeber ein wenig boshaft. Von seinen vier Nominierungen konnte "Avatar: The Way of Water“ nur einen Oscar für beste visuelle Effekte gewinnen. "Top Gun: Maverick“, fünf Mal nominiert, erhielt ebenfalls einen Oscar für besten Sound.
Flüchtlingslager
Während in den letzten Jahren die Academy ihre Preise nach dem Gießkannenprinzip über möglichst viele Anwärter verteilt hatte, gab es heuer klare Sieger und klare Verlierer. Wie vorhergesagt, räumte "Everything Everyhwere All at Once“ von Daniel Scheinert und Daniel Kwan die wichtigsten Preise des Abends ab. Von den elf Nominierungen gewann die schräge Sci-Fi-Komödie sieben Oscars, darunter für beste Regie und besten Film. Michelle Yeoh erhielt zudem einen Oscar als beste Hauptdarstellerin – als erste asiatische Frau in der Geschichte. Der Star des Hongkong-Kinos bezeichnete die Goldstatuette als ein "Leuchtfeuer der Hoffnung“ und richtete einen Appell an alle Frauen: "Lasst euch niemals sagen, dass ihr eure beste Zeit schon hinter euch habt.“
Auch wenn es keine expliziten Anspielungen auf die Tagespolitik seitens des Gastgebers gab, fühlten sich gerade einige der Dankesreden besonders politisch an. Gleich zu Beginn nahm der ehemalige Kinderdarsteller Ke Huy Quan ("Indiana Jones und der Tempel des Todes"), der in "Everything Everywhere All at Once“ sein Comeback feierte, seinen Oscar als bester Nebendarsteller entgegen. Er sei mit dem Schiff nach Amerika geflüchtet und habe ein Jahr in einem Flüchtlingslager zugebracht, sagte er unter Tränen. Der Oscar sei "die Erfüllung des amerikanischen Traums". Und auch Daniel Kwan, Ko-Regisseur von "Everything Everywhere All at Once“ gedachte in einer seiner Dankesreden – er musste mehrfach auf die Bühne, um einen Oscar entgegen zu nehmen – an seine Emigranten-Eltern.
Mit "Everything Everywhere All at Once“ aus dem Hipster-Studio A24 hat sich Hipster-Hollywood gegen die Studioklassiker durchgesetzt. Steven Spielberg und seine hinreißenden Kindheitserinnerungen in "Die Fabelmans“ gingen komplett leer aus. Aber auch Todd Fields #MeToo"-Film "Tár“ mit Cate Blanchett in der Hauptrolle oder Cannes-Gwinner Ruben Östlund und sein "Triangle of Sadness“ bekamen keinen Preis.
Preisregen
Die österreichische Cutterin Mona Willi, die für besten Schnitt von "Tár“ nominiert worden war, konnte sich gegen den Editor Paul Rogers von "Everything Everywhere All at Once“ nicht durchsetzen. Dafür feierten die Deutschen mit ihrer Netflix-Produktion "Im Westen nichts Neues“ ein wahres Freudenfest: Edward Bergers Kriegsdrama erhielt vier Oscars, darunter einen für den besten internationalen Film. Der anhaltende Preisregen veranlasste den Filmexperten Alexander Horwath im ORF zu der Bemerkung, er habe das Gefühl, er befinde sich beim Bayerischen Filmpreis.
Der österreichische Burgschauspieler Felix Kammerer spielt die Hauptrolle in "Im Westen nichts Neues“ und wurde auf der Bühne vom Regisseur mit besonders lobenden Worten hervorgehoben: "Das war dein erster Film, und du hast uns auf deinen Schultern getragen, als ob es nichts wäre. Ohne dich wäre niemand von uns hier.“
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