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ORF-Renovierung: 30 Millionen Euro "herausgerechnet"

ORF-Zentrum
Wrabetz muss erklären, wie zwei Studios später wieder im Plan auftauchten. Er sieht keine Mehrkosten.

ORF-Chef Alexander Wrabetz sah sich am Donnerstag mit einer nicht ganz unheiklen Frage konfrontiert: Wurden bei den Sanierungskalkulationen für den ORF die großen Sendestudios im Wert von 30 Millionen Euro vergessen?

Immerhin wäre das rund ein Zehntel der gesamt veranschlagten Baukosten von 303 Millionen. Nein, sagte Wrabetz vor Journalisten: Man habe diese einfach zu Vergleichszwecken herausgerechnet, als noch darüber gestritten wurde, ob der ORF neu baut oder das bestehende ORF-Zentrum saniert.

Herausgerechnet wurden sie unter anderem deswegen, weil beim Neubau in St. Marx Studioflächen gemeinsam mit anderen Sendern geteilt worden wären. Bekanntermaßen blieb der ORF am Küniglberg, die 30 herausgerechneten Millionen tauchten aber erst diesen Donnerstag öffentlich wieder auf.

Fehlen die jetzt nicht in der ohnehin knappen Kalkulation? Wrabetz behauptet: Nein. Der Zielpfad bleibe bei 303 Millionen Euro.

Rote Verstimmung

Wie diese verwendet werden, beziehungsweise: Was sich alles gegenüber der Ursprungsplanung nicht ausgeht, sorgt für gehörige Verstimmung im Haus. Auch der geplante Funkhaus-Verkauf stockt. Der Ärger darüber schlägt mittlerweile bis weit in die SPÖ durch. So ließ der rote Wiener Stiftungsrat Norbert Kettner via Standard ausrichten, die Sanierung sei "eine kolossale Fehlentscheidung". (Ein Beschluss, den der Generaldirektor und Alleingeschäftsführer beantragt hatte, wie ein schwarzer Stiftungsrat daraufhin anmerkte.) Kettner stört sich mittlerweile auch daran, wie das gesamte Projekt gehandhabt wird, etwa beim Funkhausverkauf: "Zizerlweiser Verkauf und Rückmietungen, keiner weiß mehr, welches Stockwerk wem gehört: So kann man keinen Radiobetrieb aufrechterhalten. Ich hoffe, der Generaldirektor löst diese immer seltsameren Asynchronitäten." Der ORF schloss das Budget 2016 übrigens mit einem Minus von fast 30 Millionen Euro, weil das Funkhaus nicht wie geplant verkauft wurde. Wrabetz will den Deal nun in vier Modulen durchziehen, wie er am Donnerstag sagte.

Thomas Zach, Leiter des ÖVP-Freundeskreises im Stiftungsrat, betonte vorsorglich, das vom Stiftungsrat genehmigte Budget für den Umbau von 303 Millionen Euro müsse eingehalten werden. Im übrigen "stelle ich fest, dass offenbar diejenigen, die den Generaldirektor mit knapper Mehrheit noch einmal zum Generaldirektor gemacht haben, ihm nun sukzessive die Unterstützung entziehen". Ob er mit dem Budget auskommt? "Der Stiftungsrat verlangt das", sagt Wrabetz. Im Juni werde er vorlegen, wie das funktionieren soll (sprich: Was alles nicht gebaut werden kann).

Channels konkreter

Teil von Wrabetz’ damaliger Bewerbung war die von ihm schon vor Jahren angekündigte Strukturreform. So soll es für ORFeins und ORF2 sogenannte Channelmanager geben. Auf die Umsetzung wartet man im Haus bis heute. Am Donnerstag gab Wrabetz bekannt, er werde die beiden Jobs "noch im April" ausschreiben (die neue Geschäftsführungsperiode hat im Jänner begonnen). Den Stiftungsrat informierte er lediglich über die Channelstruktur des ORF. Darüber, ob diese auch vom obersten ORF-Gremium abgesegnet werden muss, herrschten am Donnerstag unterschiedliche Auffassungen: Einzelne Räte meinten ja, Wrabetz erklärte sinngemäß, man werde erst einmal schauen, wie die Ausschreibung genau aussehe.

Fest steht für den Generaldirektor dafür mittlerweile, dass die Channelmanager Budgethoheit bekommen. Dass dies den Einflussbereich von Programmdirektorin Kathrin Zechner schmälere, sieht er nicht als Problem. Schließlich sei sie in weiterer Folge Teil der (geplanten) Board-Struktur. Wir erinnern uns: Wrabetz ist Alleingeschäftsführer, will seine Direktoren jedoch via Board stärker einbinden. Auch das war ein Wahlversprechen.

Zuletzt hatten die TV-Redakteure aufbegehrt, von Wrabetz umfassende Informationen über die geplante "Channelstruktur" gefordert und die Zweckmäßigkeit einer weiteren Chefebene bezweifelt, zumal keinesfalls der Anschein einer parteipolitischen Besetzung erweckt werden dürfe.

Wrabetz erklärte am Donnerstag: Die redaktionelle Letztverantwortung werde der jeweilige Channelchefredakteur innehaben.

Betriebsrat Gerhard Moser kritisierte "Starrköpfigkeit" und "Verlust der Bodenhaftung" bei Wrabetz. Konkret sind damit das Festhalten am Funkhaus-Verkauf und die Channel-Pläne für das Fernsehen gemeint: Ersteres werde "von Tag zu Tag unrealistischer", Zweiteres würde eine "Gefährdung der journalistischen Unabhängigkeit in Kauf nehmen", so Moser".

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