ORF-Radios: Umbau und ein Chef auf Abruf

Keine Eile mit dem Funkhaus-Verkauf vor der ORF-Wahl
Wrabetz will Ö1 modernisieren, Grasl an Ö3 und FM4 schrauben.

Der Umzug vom Funkhaus in der Argentinierstraße in das ORF-Zentrum, der wohl 2019 abgeschlossen sein wird, hat die ORF-Radio-Mitarbeiter intensiv beschäftigt. Doch er hat auch für deren künftigen, neuen Chef Auswirkungen, sollte Generaldirektor Alexander Wrabetz wieder bestellt werden.

Während bei Herausforderer, Finanzchef Richard Grasl der Hörfunk-Direktor gesetzt ist, hat bei Wrabetz der „Head of Radio (Direktor Radio)“ ein Ablaufdatum. Dieser soll nur noch für die "Übergangsperiode zum neuen Operating Model und Standort-Konzept" bestellt werden, heißt es in der Wrabetz-Bewerbung. Denn: "In der Zielstruktur wird die Geschäftsführung aus Generaldirektorin/in, Programmdirektorin/in, Kaufmännische/r Direktor/in und Technische/r Direktor/in bestehen." Der Radio-Direktor ist nur noch eine Ergänzung auf Zeit.

Sender-Neuaufstellung

Wrabetz sieht Ö3 "sowohl beim älteren als auch beim ganz jungen Publikum von ,Aussegmentierung' bedroht." Er hält es deshalb für „notwendig, den Marketingauftritt von Ö3 zu stärken und die Musikprogrammierung flottenstrategisch zu unterstützen“. Musikalisch und programmlich soll Ö3 „sehr breit positioniert“ bleiben. Zudem will Wrabetz "alle Anstrengungen unternehmen, das noch nicht genehmigte Projekt ,Visual Radio' schon 2017 umzusetzen."

Grasl will FM4 in Richtung BBC Radio 1 und zu einem Sender mit mehr Akzeptanz bei jungen Hörern umbauen. Denn "noch nie seit Eintreten der Privatsender in den Radiomarkt ist der Marktführer Ö3 so sehr unter Druck gestanden, wie das derzeit der Fall ist. Im breiten Spagat zwischen den 14-jährigen ZuhörerInnen auf der einen bis zu den 49-jährigen ZuhörerInnen auf der anderen Seite des Ö3 zugedachten Spektrums, gerät das Hitradio in einen Zangengriff von beiden Seiten", heißt es im Konzept Grasls. Ö3 sei derzeit "einem maiximalen Risiko ausgesetzt", habe eine interne Marktstudie ergeben.

Bei Ö1 wollen beide Bewerber behutsam vorgehen. Ö1 soll da wie dort einen Senderchef bekommen. Wrabetz Konzept sieht eine Programmschemareform sowie eine Erneuerung der Signations und Sounddesigns vor. Ziel ist eine "weitere Stärkung der Kultur- und Informationskompetenz von Ö1, die Konzentration des Angebots und der Ressourcen auf die relevanten Zeitzonen, eine Stärkung des Live-Angebots sowie die klarere Positionierung von Ö1 als Klassiksender mit wohldosierten Ausflügen in die Genres Jazz und Weltmusik." Grasl will "eine noch klarere Positionierung" der beiden tragenden Programm-Säulen, klassische Musik und Information. Insgesamt sei Ö1 sehr gut aufgestellt, eine "leichte Modernisierung" der Journale möglich.

Digital-Radio

Die Begeisterung für Digital-Radio hält sich bei beiden Bewerbern in Grenzen, zumal der ORF (außer zu Testzwecken) nur bestehende Programmen via DAB+ ausstrahlen dürfte und einen sehr langen, teuren UKW-Parallelbetrieb notwendig macht. Sollte es gesetzlich möglich werden, denkt Wrabetz an die österreichweite Abstrahlung der Radio-Länderprogramme und Sparten-Kanäle im Bereich Wissenschaft, Jazz, Jugend und Integration zu bekommen. Grasl schweben als digitale Ableger ein Informationsradio und ein Kinderradio vor.

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