Omar Sy: Fußtritte für den schwarzen August

Der umwerfende James Thiérrée (li.), Enkel von Charlie Chaplin, als Footit und der unvergleichliche Omar Sy als sein Partner „Chocolat“
Omar Sy, der französische Star aus "Ziemlich beste Freunde", spielt in "Monsieur Chocolat" den ersten schwarzen Clown.

In Frankreich ist Omar Sy ein Star. Für sein Spiel in der Erfolgstragikomödie "Ziemlich beste Freunde" gewann er als erster französischer Schauspieler mit afrikanischen Wurzeln den César Award – das französische Äquivalent für den Oscar.

Mittlerweile lebt der 38-jährige Franzose und Vater von vier Kindern in Los Angeles, bleibt aber dem französischen Autorenkino trotzdem treu. In "Monsieur Chocolat" (Kinostart: Freitag) spielt er den ersten schwarzen Künstler und Clown, der im Frankreich der Jahrhundertwende Furore machte.

Ein strahlender und bestens aufgelegter Omar Sy im Gespräch über Körperkomik, Hautfarbe und Identität.

KURIER: Sie spielen Rafael Padilla, in Frankreich berühmt als erster schwarzer Clown "Chocolat". Kannten Sie diesen Mann?

Omar Sy: Nein. Als ich erstmals von ihm hörte und ihn dann spielen sollte, war es ein seltsames Gefühl: Zu wissen, dass es diesen Mann wirklich gab, dass er Großes für die Kunst des Zirkus geleistet hatte. Und dass er mittlerweile total vergessen ist. Ich wollte seine Geschichte erzählen und die Menschen an ihn erinnern.

"Chocolat" und sein weißer Partner Georges Footit traten als berühmtes Duo mit teils akrobatischen Einlagen auf. War das schwierig zu spielen?

Na klar, das war eine ziemliche Herausforderung. Aber gerade die unterschiedlichen Ausdrucksmöglichkeiten finde ich besonders interessant. Ich habe als Comedian angefangen und bin es gewöhnt, mit Worten zu jonglieren und Witze zu reißen. Für die Rolle des "Chocolat" musste ich lernen, Witze mit meinem Körper zu machen, was gar nicht so einfach war, denn ich habe ja nie eine Schauspielschule besucht. Ich musste alles während des Spielens lernen.

Der Performer James Thiérrée, Enkel von Charlie Chaplin, spielt Ihren Partner. Wie war die Zusammenarbeit?

Teilweise ziemlich brutal. Wir haben praktisch vier Wochen im gleichen Raum verbracht, ohne uns vorher zu kennen. Roschdy Zem (der Regisseur, Anm.) wollte, dass Charles die Clown-Szenen choreografiert und modernisiert, und steckte uns deswegen zusammen. Es kam zu einigen Streitereien und wir mussten viele Kämpfe austragen. Aber letztlich formten wir unser Duett. Arbeit und Leben flossen zusammen – und das Leben besteht aus Liebe, Tränen und eben auch Auseinandersetzungen. James ist verrückt, aber seine Verrücktheit ist wunderschön.

Omar Sy: Fußtritte für den schwarzen August
Paris' Mayor Anne Hidalgo delivers a speech before unveiling a commemorative plaque for Rafael Padilla, also known as "Clown Chocolat", and Georges Footit at the Mandarin Oriental hotel in Paris, on January 20, 2016. / AFP / THOMAS SAMSON
Der schwarzen August bekommt vom weißen Clown ziemlich viele Fußtritte.

Ja, es war wichtig für uns, diese Momente genau durchzuarbeiten. Für unsere heutigen Augen sieht das alles ziemlich bestürzend aus, aber ich bin der festen Überzeugung, dass Footit und Chocolat mit ihren Sketchen der Gesellschaft einen Spiegel vorhalten wollten. Damals herrschte ein anderer, ein kolonialer Kontext, in dem Schwarze den Weißen dienen mussten. Und ich glaube, dieses Ungleichverhältnis wird von den beiden satirisch aufgegriffen.

Ihre Figur Chocolat ist auf Identitätssuche. Ist das ein Thema, das Sie generell interessiert?

Auf jeden Fall. Sobald man sich auf die Suche begibt, setzt Veränderung ein. Dieser Prozess berührt mich immer. Menschen wie ich sind in einem Land wie Frankreich aufgewachsen, in dem unsere Eltern noch nicht zu Hause waren, wir aber schon. Wir mussten unseren eigenen Weg finden, um Franzosen zu werden, weil wir immer "dazwischen" waren: In Frankreich waren wir die Afrikaner, in Afrika die Franzosen. Es ist schwierig, in so einer Situation die eigene Identität zu finden. Aber genau dieser Vorgang in meinem Leben formte mich zu dem, der ich bin. Deswegen interessiert es mich, davon zu erzählen.

Wie sieht es im Filmgeschäft aus? Haben Sie das Gefühl, Sie werden bei der Wahl der Rollen limitiert?

Also ehrlich, ich glaube, diese Zeiten sind vorbei. Ich übernehme immer mehr Rollen, in denen die Hautfarbe keinen Unterschied macht. In "Jurassic World" spielte ich einen Franzosen, in einem anderen Film einen Küchenchef – da war Weiß oder Schwarz egal. Ich habe mich nie als "schwarzer Schauspieler" empfohlen, sondern immer als Schauspieler oder als Comedian. Ich wollte mich nicht durch die Hautfarbe definieren lassen und ich will auch nicht, dass mich die Leute in diese Schublade stecken. Dieses Gerede von "schwarzen Schauspielern" und Rassismus – all diese Fragen, die einem die Journalisten dazu stellen, tragen letztlich auch dazu bei, dass sich nichts verändert. Wir müssen einfach beginnen, anders zu denken.

Sie sagen, Sie haben in "Monsieur Chocolat" eine neue Körperlichkeit entdeckt. Was haben Sie von "Ziemlich beste Freunde" gelernt?

Ein Schauspieler zu sein.

Tatsächlich? Waren Sie das nicht schon vorher?

Nein, ich glaube nicht. Das ist mir erst damals richtig eingeschossen.

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