Nicht umzubringen: "Don Giovanni"

Ildebrando D'Arcangelo und Luca Pisaroni
"Don Giovanni" im Haus für Mozart – über weite Strecken enttäuschend.

Die Salzburger Festspiele zeigen in diesem Sommer noch einmal den ganzen Mozart-Da-Ponte-Zyklus in der (leicht überarbeiteten) Inszenierung von Sven-Eric Bechtolf. Warum?

Wenn ein solches Festival, das im Mozartfach weltweit absolute Nummer 1 sein müsste (was es in den vergangenen Jahren aufgrund exemplarischer Arbeiten etwa in Aix-en-Provence nicht mehr war), den kompletten Zyklus spielt, sollte es dafür, abgesehen von der Beliebtheit dieser Opern bei Kartenkäufern, zwingende künstlerische Gründe geben. Musikalische. Dirigentische. Sängerische. Szenische. Die gibt es hier nicht.

Es hat sich – über die Entwicklungsjahre dieses Zyklus’ hinweg – keine Form von Mozart-Ensemble gebildet. Dass sich ein fabelhafter Bariton wie Luca Pisaroni in zwei Produktionen findet, ist fein, aber nicht genug für einen Ensemble-Charakter.

Nach dem Rückzug von Dirigent Franz Welser-Möst noch vor der ersten Premiere gab es die unterschiedlichsten Dirigenten mit den unterschiedlichsten Zugängen und von unterschiedlichster Qualität. Und die Regiearbeiten von Bechtolf sind professionell, treiben aber die Mozart-Interpretation nicht im Geringsten voran.

Diesmal: Gut musiziert

Soweit eine Art Präambel vor der Beschäftigung mit der aktuellen "Don Giovanni"-Produktion im Haus für Mozart. Diesfalls am Pult: Alain Altinoglu, womit wir gleich bei einem Highlight des Abends wären. Er dirigiert die Wiener Philharmoniker kraftvoll und präzise, schon die Ouvertüre ist dynamisch ausgefeilt und temporeich, er ist sehr um Differenzierung bemüht, das Orchester scheint ihm gerne zu folgen, Altinoglu spielt auch selbst Hammerklavier zu den Rezitativen. Insgesamt könnte der Mozart-Klang transparenter, leichter, flexibler sein – die musikalische Gestaltung ist aber insgesamt gut.

Die Regie von Bechtolf ist bei der Wiederaufnahme eine Spur frecher, freizügiger geworden. "Don Giovanni" spielt weiterhin in einem Art Stundenhotel, der Protagonist hetzt jedem Rockzipfel hinterher – sogar nach der Höllenfahrt. Der Verführer ist nicht umzubringen.

Nicht alles wirkt logisch, etwa dass Masetto bei der "Batti, batti"-Arie der Zerlina nicht dabei ist. Oder dass beim Ständchen der Komtur auftaucht statt Donna Elvira. Jedenfalls herrscht auf der Bühne weder viel Erotik, noch Dramatik, auch nicht sonderlich viel Leidenschaft.

Aus dem Ensemble ragen zwei exzellente Sänger heraus: Luca Pisaroni als Leporello und Ildebrando D’Arcangelo als Don Giovanni, beide sehr präsent, mit kraftvollen, kultivierten Stimmen. Die beiden könnten ohne weiteres auch Rollen tauschen (was wahrscheinlich sogar logischer wäre).

Valentina Nafornita ist eine stimmlich recht klein besetzte Zerlina. Der Rest ist sehr enttäuschend. Bei der Darstellung der Donna Anna durch Carmela Remigio darf man nicht einmal daran denken, welche Sängerinnen diese Partie in Salzburg gesungen haben. Alain Coulombe ist als Komtur viel zu wenig durchschlagskräftig. Paolo Fanale hat als Don Ottavio ein schönes Timbre, aber ebenso eine kleine Stimme. Layla Claire als Donna Elvira ist in der Höhe recht schrill. Iurii Samoilov macht mit seinem wenig markanten Bariton kaum etwas aus der Partie des Masetto.

Weniges für Mozart also im Haus für Mozart. Am 16. 8. folgt "Nozze di Figaro".

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