"Nicht im Elfenbeinturm verstecken"

"Nicht im Elfenbeinturm verstecken"
Am 22. Oktober startet das Festival für Musik der Gegenwart in seine 25. Ausgabe. Leiter Matthias Lošek im Gespräch.

Vier Wochen, 16 Orte, 37 Projekte und mehr als 480 Künstler – so ein Jubiläum muss gefeiert werden. Seit 25 Jahren bricht das Festival Wien Modern eine Lanze für zeitgenössische Musik; auch heuer hofft der künstlerische Leiter Matthias Lošek "auf ein neugieriges, mutiges Publikum".

KURIER: 25 Jahre "Wien Modern" – ist beim Publikum inzwischen eine Art Gewöhnungseffekt eingetreten?

Matthias Lošek: Ich hoffe, ein Gewöhnungseffekt in dem Sinn, dass unsere Besucher wissen, sie dürfen sich das Beste von uns erwarten. Wir wollen die zeitgenössische Musik in möglichst vielen Aspekten zeigen und den Menschen näherbringen.

Sven Hartberger, der Intendant des für die Moderne maßgeblichen Klangforums Wien, hat unlängst öffentlich den schlechten Stellenwert der zeitgenössischen Musik in Österreich beklagt. Schließen Sie sich dieser Kritik an?

Ich glaube, Sven Hartberger hat sich dabei vor allem auf das Musiktheater und da vor allem auf die Staatsoper bezogen. In den Konzertsälen wie Musikverein oder Konzerthaus passiert in Sachen Moderne ja sehr viel.

Dennoch wird zeitgenössische Musik von vielen Besuchern mit Skepsis betrachtet oder sogar abgelehnt ...

Das hat mehrere Gründe. Zwar gibt es auf dem Konzertsektor sehr viel Modernes, aber oft werden die Stücke einmal uraufgeführt und verschwinden danach wieder in der Versenkung. Das war auch einer der Gründe, weshalb wir etwa die Eröffnung im Theater an der Wien mit Werken von Olga Neuwirth bestreiten, es aber trotz Jubiläum keine Uraufführung von ihr geben wird.

Also doch mehr eine Art Rückschau zum 25er?

Wir rücken mit einer von Lothar Knessl kuratierten Reihe einige der bedeutendsten Komponisten des 20. und jungen 21. Jahrhunderts bewusst ins Zentrum. Aber natürlich kommen viele Ur-, und Erstaufführungen.

Aber Musiktheater fehlt. Eine Frage des Budgets?

Ich zähle nicht zu denjenigen, die jammern. Wir haben, was wir haben. Und damit kommen wir aus. Was das Musiktheater betrifft: Die Vorlaufzeiten dafür sind sehr lang. Aber ich kann versprechen, dass es spätestens 2014 eine Musiktheater-Uraufführung geben wird.

Wie sieht es mit Kooperationen aus? Der designierte Festwochen-Chef Markus Hinterhäuser etwa ist ein ausgewiesener Freund der modernen Musik ...

Markus Hinterhäuser wird Wien sicher gut tun, und er will vieles bewegen. Eine Kooperation mit den Festwochen ist aber schwierig. Die Festwochen sind im Mai und im Juni, wir starten traditionell im Oktober. Da wäre die Gefahr einer Ausdünnung beider Festivals hoch. Heuer freue ich mich, dass wir erstmals mit dem Theater an der Wien zusammenarbeiten – neben vieler anderer Partner.

Haben Sie persönliche Favoriten oder Geheimtipps?

(lacht) Alles natürlich. Aber im Ernst: Wir gehen an diversen Orten bewusst in die Stadt hinaus. Denn zeitgenössische Musik darf sich nicht im selbstgefälligen intellektuellen Elfenbeinturm verstecken, sie muss die Menschen anspringen. Sie muss zeigen, dass sie lebt und klingt.

Das Festival: Daten, Fakten und Zahlen

Wann? Von 22. Oktober bis 16. November 2012 in Wien.

Wo? An 16 Spielstätten. Im Zentrum stehen Konzerthaus, Musikverein, Alte Schmiede, Odeon, Palais Kabelwerk, Tanzquartier oder Café Heumarkt.

Wer? Musik von Olga Neuwirth, John Cage, Beat Furrer, Friedrich Cerha, Pierre Boulez, György Ligeti, Dirk D`Ase, u. v. mehr.

Wie? Karten, Generalpässe und alle weiteren Infos gibt es unter www.wienmodern.at.

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