Wenn Kunst nah an politischer Aktualität und persönlicher Betroffenheit gebaut ist, kann ihr das zum Nachteil gereichen, weil die Dringlichkeit oft verpufft. Paci scheint sich der Gefahren einer journalistischen oder sentimentalen Herangehensweise bewusst zu sein: Seine Bilder streben nach zeitloser formaler Strenge und einem Rhythmus, der an archaische Rituale oder an antikes Theater erinnert.
Derlei Erhabenheit trifft dann auf harte Realität: Im Video „Prova“, das zum Auftakt der Schau zu sehen ist, stehen Männer vor Lautsprechern in einem Pavillon. Die Arbeitssuchenden aus Pacis Heimatort
Shkodra könnten Parolen ins Mikro schreien, bringen aber nur „Prova“ („Sprechprobe“) hervor.
Für das Video „Vajtoijca“ (2002) ließ Paci sich selbst von einem bezahlten Klageweib besingen. Für „Interregnum“ (2017) montierte er Aufnahmen von Menschenschlangen, die kommunistische Führer betrauern.
Das Motiv der Prozession begegnet immer wieder, bis hin zu den Migranten auf der Gangway: Derlei Rituale stiften für gewöhnlich ein Gefühl von Gemeinschaft, doch in der „Lost Communities“ betitelten Schau führen sie in eine Sackgasse.Kombiniert ist die eindrucksvolle Schau – die allerdings ruhig noch mehr Material vertragen hätte – mit der Solo-Präsentation einer Künstlerin, die ebenfalls marginalisierte Gemeinschaften im Blick hat:
Teresa Margolles beschäftigt sich seit langem mit den Frauenmorden in der mexikanischen Grenzstadt Ciudad Juárez, von denen auch transsexuelle Prostituierte in hohem Ausmaß betroffen sind.
In Krems gibt Margolles den Mitgliedern dieser Gemeinschaft eine Bühne – mit einem Video, einem Gedenkraum für die 2015 ermordete Prostituierte „Karla“, besonders aber mit einer Fotoserie, auf der sich die Transgender-Frauen auf einer Abriss-Brache mitten in der Stadt präsentieren. Die Fliesenböden, auf denen sie stehen, sollen laut Bildunterschrift Tanzböden ehemaliger Nachtclubs sein. Egal ob das stimmt oder nicht, die Botschaft ist klar: Hier wurden und werden Menschen „weggeräumt“. Die Kunst kann dafür sorgen, dass sie sichtbar bleiben.
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