Verkuppelungsshow, aber aus vergangenen Zeiten

Nebels monetäres Objekt der Begierde: Chris Pichler als Lucia und Miguel Herz-Kestranek als Hochstapler, der letztlich den Kürzeren zieht
Johann Nestroys "Liebesgeschichten & Heiratssachen" bei den Festspielen in Reichenau.

Zugegeben, der Titel könnte so manchen kurz auch in die Irre führen. Denn "Liebesg’schichten und Heiratssachen" verbindet man seit Jahren auch mit der gleichnamigen ORF-Doku-Soap von Elisabeth T. Spira. Dabei hat schon Johann Nestroy im Jahr 1843 genau gewusst, wie man Paare bühnenwirksam verkuppelt und das in seiner Posse "Liebesgeschichten und Heiratssachen" auf die Bühne des Theaters an der Wien gebracht.

Nun sind – zum zweiten Mal nach 1993 – die Festspiele Reichenau Schauplatz der Irrungen und Wirrungen rund um drei Paare, von denen zwei (die jungen, guten, ehrlichen) letztlich trotz aller Widerstände den Bund fürs Leben schließen.

Ganz, ganz klassisch

Bis dahin ist es aber ein weiter, mitunter leider auch recht zäher Weg. Denn Regisseur Helmut Wiesner setzt im Bühnenbild von Peter Loidolt zwar auf einen ganz klassischen Nestroy-Zugang, der für Aktualitäten (sogar in den Couplets) wenig Raum lässt. Doch so ganz stimmen Tempo und Timing vor allem im ersten Teil noch nicht. Und das, obwohl mit Miguel Herz-Kestranek ein Schauspieler erster Güte in die Nestroy-Rolle des Hochstaplers und Möchtegern-Heiratsschwindlers Nebel schlüpft.

Wie Herz-Kestranek berechnend jeden gegen jeden ausspielt, wie er (stets auf seinen Vorteil bedacht) selbst in scheinbar ausweglosen Situationen seinen Kopf immer wieder aus der Schlinge zieht, ist bewundernswert.

Doch auch die von Nebel Düpierten haben ihre großen, komischen Szenen: Toni Slama etwa in der Rolle des neureichen Ex-Fleischselchers Florian Fett, dessen Versuche, sich als nobler Herr zu gerieren, mit schöner Regelmäßigkeit scheitern. Oder Chris Pichler als zwar reiche, aber in ihrer Liebe zu Hochstapler Nebel auch leicht beschränkte, jedoch höchst resolute Lucia Distel.

Wie auch Nicolaus Hagg (an der Spitze eines homogenen Ensembles) als einfältiger Wirt eine klassische Nestroy-Rolle tadellos ausfüllt. Die jungen Paare haben es da ungleich schwerer: Als Fetts Tochter Fanny ist Karin Lischka vor allem süß; Alexander Hoffelner gibt ihren Ehemann in spe sehr sympathisch. Wie auch René Peckl einen braven Verehrer gibt, der in seiner Auserwählten eine vor allem Text aufsagende Emese Fay findet.

Einer aber ragt aus dem Ganzen heraus: Marcello de Nardo in der Partie des Marchese Vincelli. Wenn er (als grandiose Parodie auf Patriarchen wie Burt Lancaster in dem Film "Der Leopard") alle Register seines Könnens zieht und auf Italienisch flucht, wird das Zwerchfell bis aufs Äußerste strapaziert. Denn dieser Irrwitz hat dann wirklich Methode.

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