Nachtleben zu Kriegszeiten: Tanzen und ein Zeichen setzen

Aber dann kam Putin, der Spielverderber, und ließ mit Befehl am 24. Februar die russische Armee in die Ukraine einmarschieren. Seither herrscht Krieg, sterben Menschen und sind rund eine Millionen Ukrainer auf der Flucht vor den russischen Bomben. Unter diesen Umständen von "Freedom Day“, also von Freiheit zu sprechen, wenn gar nicht so weit weg von uns Raketen durch die Luft fliegen, wirkt schizophren. Oder realitätsfremd. Die Vorfreude ist auf jeden Fall seit Tagen dahin. Dabei haben viele (vor allem Jugendliche) seit Wochen darauf gewartet, dass sich die Clubtüren wieder öffnen, dass sozialer Austausch auf der Tanzfläche wieder stattfindet. „Auch wenn sich die Vorfreude unter diesen Umständen reduziert anfühlt – viele Clubs und Veranstaltungsreihen in Wien sind Orte und Ereignisse der Solidarität, der Freiheit, und des friedlichen Miteinanders“, sagt Martina Brunner, Expertin für Wiener Clubkultur.
Unterhaltung in schweren Zeiten
Trotzdem haben viele Zweifel. Denn ist es unter diesen Umständen überhaupt moralisch vertretbar, auszugehen, Spaß zu haben, zu feiern? Diese Frage stellen sich aktuell viele Menschen in Europa. Nicht nur Clubbetreiber, sondern auch zahlreiche Kulturbetriebe – von Hochkultur bis Underground. Auch beim ORF haben die Verantwortlichen darüber mehrfach diskutiert – mit folgendem Ergebnis: "Unterhaltung gehört auch in so einer schweren Zeit ganz klar zu unserem Auftrag", wie die ORF-Programmdirektorin Stefanie Groiss-Horowitz unlängst sagte. Und so wird im ORF seit Freitagabend bei „Starmania“ auch gesungen.
Auch auf den heimischen Bühnen sind einem kriegsbedingt (noch) keine Absagen bekannt: Es wird also gelacht (Kabarett), gespielt (Theater), die Kinos haben offen und nun darf eben halt auch wieder bis in die Morgenstunden getanzt werden. Das ist auch gut so. Denn es ist wichtig, dass Orte und Plätze angeboten werden, an denen Menschen zusammenkommen können. Clubkultur im Speziellen bedeutet ja nicht nicht nur, die Sau rauszulassen, sondern eben auch, Emotionen auszuleben, sich mit anderen auszutauschen und nicht allein zu sein. In düsteren Zeiten wie diesen braucht man Menschen um sich. Wer lieber alleine sein, zu Hause bleiben möchte, kann das natürlich machen. Niemand zwingt einen, auszugehen.
Verschnaufpause
Spenden
Bei all dem Eskapismus setzen sich viele Veranstalter, Club-Betreiber und Kulturschaffende natürlich mit der aktuellen Situation auseinander, wollen helfen. Dafür nützen sie ihre Reichweite, um so viele Spenden wir möglich zu sammeln. „Wir stellen Spendenboxen auf, animieren unsere Gäste, für die Opfer des Krieges etwas zu spenden. Wie ich unser Publikum kenne, bin ich zuversichtlich, dass da einiges an Geld zusammenkommt“, ist Stefan Stürzer überzeugt.
Kommentare