Nach Ibiza wackelt die blaue Fraktion im ORF

Strache und Gudenus auf dem Video aus der Villa in Ibiza
Die FPÖ riskiert den Vorsitz im Stiftungsrat, wenn sie den blauen ORF-Vertreter loswerden will

Just der Fall von H. C. Strache über den Ibiza-Skandal und in der Folge jener der türkis-blauen Bundesregierung ermöglicht es der FPÖ, die partei-interne Meinungsfront in Sachen ORF zu begradigen. Egal ist dabei, wie die Nationalratswahlen Ende September für sie ausgehen und welche Regierung folgt. Sie kann in der Folge jedenfalls einen neuen Parteien-Vertreter für den 35-köpfigen Stiftungsrat benennen.

Risiko

Damit riskiert Blau allerdings den durchaus machtvollen Vorsitz im offiziell entparteipolitisierten Aufsichtsgremium – diesen hat seit der konstituierenden Sitzung am 17. Mai 2018 und für vier Jahre Norbert Steger inne. Das war quasi „Part of the Game“ bei den türkis-blauen Koalitionsgesprächen. Der ehemalige Vizekanzler und Handelsminister Steger vertritt übrigens seit 2008 die FPÖ im Stiftungsrat. Als Vorsitzender hat er beispielsweise im Falle von Stimmengleichheit bei ORF-Wahlen die entscheidende Stimme.

Für die Beschickung des obersten Gremiums des Öffentlich-Rechtlichen mit Parteien-Vertretern gilt im ORF-Gesetz § 20/1/1: Die Bundesregierung bestellt „unter Berücksichtigung des Stärkeverhältnisses der politischen Parteien im Nationalrat und unter Bedachtnahme auf deren Vorschläge“ sechs Mitglieder, „wobei jede im Hauptausschuss des Nationalrates vertretene Partei durch mindestens ein Mitglied im Stiftungsrat vertreten sein muss.“

Die Möglichkeit einer vorzeitigen Abberufung, wie das nun die Blauen bei Steger diskutieren, ist eigentlich nicht vorgesehen – denn Stiftungsräte sollen unabhängig von Entsendern zum Wohl des Unternehmens agieren können, so die Intention des (damals schwarz-blauen) Gesetzgebers, die die FPÖ brechen würde.

Ausnahme

Die einzige Ausnahme regelt § 20/4: „Während einer Funktionsperiode können die von der Bundesregierung bestellten Mitglieder nur dann vorzeitig abberufen werden, wenn der Bundespräsident eine neue Bundesregierung bestellt.“

In der Folge könnte es im ORF-Stiftungsrat potenziell zu einem Umbruch kommen. Sieben blaue Gremienmitglieder sind direkt von der Bundesregierung bestellt, eines auf Klub-Vorschlag. Sollte die FPÖ künftig nicht mehr in der Koalition sein, wäre nur mehr ein Ticket fix: Jenes, des Klubs. Und auf dem sitzt – noch – Steger.

Grafik ORF-Stiftungsrat

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