Musikmarkt Österreich: Corona gefährdet heimische Musiker besonders

More vinyls than CDs sold in the US for the first time since 1980s
Immer weniger CD-Verkäufe, kaum noch Downloads, während der Streaming-Sektor rasant wächst. Schallplatten sind Fels in der Brandung.

2020 war anders. Auch für den österreichischen Musikmarkt, der mit den Vorjahren kaum zu vergleichen ist. Denn nach einer weitgehend normalen Entwicklung im ersten Quartal führten die aufgrund der Covid-19 Pandemie verhängten Maßnahmen, vor allem die Schließungen im Handel und das Verbot von Konzerten und Veranstaltungen, zu massiven Umsatzrückgängen und Verwerfungen am Musikmarkt. Trotzdem ist sich am Ende doch noch ein Plus von 3,4 Prozent gegenüber 2019 ausgegangen, wie der Verband der Österreichischen Musikwirtschaft (IFPI) in seinem heute, Mittwoch, präsentierten Bericht ausweist.

 

Vinyl-Verkäufe überholen Downloads

Dieses kleine Plus hat man vor allem dem wachsenden Streaming-Sektor zu verdanken, der mit einem Umsatzplus von 32,4 Prozent auf 91,6 Millionen Euro das Wachstum der vergangenen Jahre fortsetzen konnte. Ganz anders das Bild beim Verkauf physischer Tonträger: In diesem Marktsegment gingen die Umsätze pandemiebedingt um 15 Prozent deutlich zurück. Im stationären Handel lagen die Rückgänge sogar bei knapp 30 Prozent. Der Online-Handel verhinderte bei einem leichten Minus von 4,6 Prozent einen noch stärkeren Rückgang beim Verkauf physischer Tonträger. Aber Tonträger ist nicht gleich Tonträger: Während die CD-Verkäufe stark eingebrochen sind (Rückgang von 22 Prozent gegenüber 2019), sind Schallplatten so was wie ein Fels in der Brandung: Die Vinyl-Verkäufe verzeichneten ein Plus von knapp über 15 Prozent, wobei der Anteil am Gesamtmarkt seit Jahren nach wie vor noch immer sehr klein ist - er liegt aktuell 6,5 Prozent. Insgesamt ist der Umsatz mit dem „schwarzen Gold“ auf neun Millionen Euro gestiegen. Rund 390.000 Einheiten wurden verkauft. Damit kommt Vinyl im Digitalzeitalter auf einen beachtlichen Marktanteil von 6,5 Prozent und überholt damit zum ersten Mal wieder Downloads, die nur noch auf einen Anteil von 4,5 Prozent kommen.

Corona trifft österreichische Musiker härter

Die Schließungen des stationären Handels und das Verbot von Konzerten und Veranstaltungen treffen österreichische Musiker aus mehreren Gründen härter als internationale. Zu diesem Schluss kommt der nun vorliegende IFPI-Bericht. Erklärt wird das folgendermaßen: „Heimisches Repertoire ist im stationären Handel und bei physischen Produkten überproportional stark vertreten und war daher durch die Lockdown-Phasen besonders negativ betroffen. Im stärksten Marktsegment Streaming haben es heimische Veröffentlichungen traditionell schwer gegen die internationale Konkurrenz. Nicht zuletzt deshalb, weil sich globale Streaming-Plattformen wie Spotify und Co eher an international vermarktbaren Songs orientieren und dadurch Nachteile für kleinere Märkte entstehen.“ Gerade jetzt wäre es notwendiger denn je, österreichische Künstler durch mehr Airplay zu unterstützen, sagt der derzeitige IFPI-Präsident und Chef von Sony Österreich, Dietmar Lienbacher, bei der Präsentazion des Berichtes. Der Slogan ,Spielt mehr österreichische Musik“ sei ebenso berechtigt wie „Kauft im österreichischen Handel“ oder „Macht Urlaub in Österreich“.

Darüber hinaus hat der Zusammenbruch des Live-Geschäfts schwerwiegende Folgen für den gesamten Produktionskreislauf. Abgesagte Konzerte, Tourneen und Festivals führen auch zu Absagen oder Verschiebungen von neuen Veröffentlichungen. Das führte zu einem dramatischen Umsatzeinbruch von 40 Prozent bei österreichischen Produktionen. „Die Pandemie bringt die Errungenschaften des letzten Jahrzehnts, die auch zu einer größeren Beachtung im Ausland geführt haben, in Gefahr. Wenn man sich als „Kulturnation“ versteht, darf man nicht zulassen, dass Musikschaffende und ihr Umfeld in einen wirtschaftlichen und kreativen Stillstand geraten“, sagt Hannes Tschürtz, Geschäftsführer Ink Music und Vorstandsmitglied des Verbands der österreichischen Musikwirtschaft.

 

Andreas Gabalier - Weihnachtshits 2020

Die Weichnachts-CD von Gabalier wollten doch einige haben: Sie belegte im abgelaufenen Jahr Platz 2 der österreichischen Album-Verkaufscharts.

Spuren in den Charts

Die vor allem für österreichische Künstler negativen Corona-Folgen hinterlassen auch in den Charts ihre Spuren. Kein einziger heimischer Song schaffte es unter die Top 10, nur fünf unter die Top 100. Unter den Top 10 Alben befinden sich zwar fünf österreichische Interpreten, aber mit Ausnahme des Weihnachtsalbums von Andreas Gabalier und „Lederhosenrock“ von Melissa Naschenweng handelt es sich um Produktionen aus 2019. Der Hit des Jahres ist „Blinding Lights“ von „The Weeknd“, das erfolgreichste Album „Power Up“ von AC/DC.

Top 10 Singles-Verkaufscharts 2020
1. Blinding Lights - The Weeknd
2. Roses - Saint Jhn
3. Dance Monkey - Tones And I
4. Savage Love - Jawsh 685 & Jason Derulo
5. Breaking Me - Topic feat. A7S
6. Roller - Apache 207
7. Mood - 24kGoldn feat. Iann Dior
8. Hollywood - La Vision & Gigi D´Agostino
9. Rockstar - Dababy feat. Roddy Ricch
10. Never Let Me Down - Vize & Tom Gregory

Top 10 Alben-Verkaufscharts 2020
1. Power Up - AC/DC
2. A Volks-Rock´n´Roll Christmas - Andreas Gabalier
3. Zenit -  Raf Camora
4. When We All Fall Asleep, Where Do We Go? - Billie Eilish 
5. Letter To You - Bruce Springsteen
6. Lederhosenrock - Melissa Naschenweng
7. It´s Christmas - Jonas Kaufmann, Mozarteumorch. Salzburg, J. Rieder
8. Hollywood - Bones MC
9. Wer nicht fühlen will, muss hören - Pizzera & Jaus
10. Für immer - Seiler & Speer

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