Begegnung mit Gespenstern und Hunden

"Zwischenspiel" ist eine zarte Novelle über das Altern, voller Einsichten und doch ohne Reue.

Ruth, 60, ist an einem Sommertag auf dem Weg zu einem Begräbnis. Sie zögert, denn dort wird sie Menschen treffen, die sie nicht sehen will. Wie ihren Ex-Mann, dessen Mutter Olga begraben wird. Der gemeinsamen Tochter wegen macht sie sich dennoch auf den Weg. Außerdem mochte sie Olga, die sie nicht verurteilte, obwohl sie ihren Sohn verlassen hat und später mit ihrer Tochter und ihrem neuen Mann nach Westberlin gegangen ist.

In Erinnerungen versunken, verliert sich Ruth auf dem Weg zum Friedhof. Das Navi will sie korrigieren, aber Ruth beharrt darauf, den Weg zu kennen. Obwohl ihre Augen schon den ganzen Tag so merkwürdig flimmern und sie nicht hätte Auto fahren dürfen. Etliche falsche Abzweigungen später findet sie sich in einem Park wieder.

Im Totenhemd

Dort trifft sie Menschen aus ihrer Vergangenheit, allen voran Olga, die im Totenhemd auf einer Bank sitzt und, geradlinig wie immer, sofort ins Schwarze trifft: "Seufzt du vor Erleichterung, weil du nicht bei meiner Beerdigung sein musst?"

Begegnung mit Gespenstern und Hunden

Monika Maron (* 1941 in Berlin) hat mit "Zwischenspiel" eine zarte Novelle über das Altern geschrieben. Die Begegnung mit den Gespenstern von gestern ist eine behutsame, stellenweise humorvolle Nachschau voller Einsichten und doch ohne Reue. Man mag diese Ruth, die durch und durch Mensch ist. Mit ihrem Mut und ihrer Gabe, über sich und ihre Entscheidungen zu reflektieren. Man möchte mit ihr Zigaretten rauchen und Wurst essen, doch die teilt schon der Hund mit ihr, der aus der Kindheit zurückgekommen scheint. Auch eine wie Olga möchte man kennen, die, neben einigen weniger angenehmen Untoten – Margot und Erich Honecker – durch diesen verwunschenen Park begleitet und mit Ruth über das, was war, und das, was man für richtig gehalten hat, spricht.

Monika Maron wuchs in der DDR auf. Ihr Debüt durfte sie dort nicht veröffentlichen. "Flugasche" erschien 1981 bei S. Fischer, es folgten mehrere Romane und Erzählbände. "Zwischenspiel" ist trotz romantischer Anmutung eine Erzählung, die die Gedanken auf den Punkt bringt.

KURIER-Wertung:

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