Michael Heltau zum 90er: Ein Zauberer der Zwischentöne
Der Doyen des Burgtheaters feiert heute, Mittwoch, seinen 90. Geburtstag – der Versuch einer Annäherung an einen Jahrhundertschauspieler.
05.07.23, 09:26
"Die Jugend wäre eine schönere Zeit, wenn sie erst später im Leben käme.“ Ein Satz aus einem der großartigen Soloprogramme von Michael Heltau. Doch trifft er auf den Ausnahmekünstler überhaupt zu? Nur bedingt. Denn Michael Heltau hat sich auch mit 90 „die Kindheit in die Tasche gesteckt“, ist agil wie eh und je. Interviews oder gar Feierstunden zu seinem runden Geburtstag hat er abgelehnt. Diesen verbringt er im kleinen Kreis in seinem geliebten Italien. Wobei „kleiner Kreis“ nicht ganz stimmen mag.
Denn sie sind ja alle bei ihm, seine Götter aus der Weltliteratur, aus der Musik, aus der Kunst. Dass er von der Bühne offiziell vor fünf Jahren Abschied genommen hat, erfüllt Heltau keinesfalls mit Wehmut. „Ich empfinde keine Wehmut. Ich wurde im Leben so reich beschenkt, dass dieses Gefühl der Wehmut unfair, undankbar wäre. Und ich will nicht undankbar sein“, so der vielfach geehrte Künstler einst in einem Gespräch mit dem Autor dieser Zeilen.
Dankbarkeit
Dankbarkeit für unzählige kostbare Momente auf und abseits der Bühne hat jedenfalls auch immer das Publikum, das eigentlich immer „sein Publikum“ war, empfunden. Eine tiefe Dankbarkeit an diesen Zauberer der Bühne, der in Wort und Ton Maßstäbe gesetzt hat.
In Ingolstadt geboren, kam Heltau schon als Kind ins Salzkammergut und dann natürlich nach Wien, wo er das Max-Reinhardt-Seminar absolvierte. Es folgten Engagements in Würzburg (Debüt), München, Hamburg und Berlin. Aber auch im Theater in der Josefstadt oder im Volkstheater war der so Vielseitige zu erleben. Zur Heimat wurde ihm aber das Burgtheater, das er über Jahrzehnte geprägt hat.
In welchen Rollen? Es sind zu viele, um sie alle aufzuzählen. Daher nur ein Name: Giorgio Strehler. Mit dem 1997 verstorbenen Regisseur war er bei den Salzburger Festspielen als Bassa Selim in Mozarts „Entführung aus dem Serail“ zu sehen. Eine längst legendäre Produktion. Mit Strehler arbeitete Heltau noch einige Male zusammen. In Salzburg als Heinrich VI. in „Das Spiel der Mächtigen“ nach William Shakespeare und auch an der Burg bei „Trilogie der Sommerfrische“ von Carlo Goldoni oder bei „Die Riesen vom Berge“ von Luigi Pirandello. Strehler darf man getrost als Heltaus Lebensregisseur bezeichnen.
Das waren für Heltau wie für das Publikum beglückende Momente, derer es für den Jubilar viele gab. Heltau meinte dazu: „Beglückend war alles mit Giorgio Strehler, mit Andrea Jonasson. Aber ganz früh auch mit Fritz Kortner, mit Gustav Manker oder mit der Wessely, der Thimig, der Bleibtreu, der und der und der ... da sind so viele Namen, so viele Erinnerungen.“
Nach seinem Rückzug als Schauspieler kreierte Heltau, der auch schon zuvor Lieder und Chansons interpretiert hatte, gemeinsam mit Loek Huisman und den Wiener Theatermusikern seine eigenen Soloabende. „Statt zu spielen“ war der Erste, „Einen blauen Ballon möcht’ ich haben“ der letzte. Hier konnte Heltau seine Leidenschaft für die Musik ausleben, die Chansons eines Charles Aznavour, eines Charles Trenet und jene von Jacques Brel interpretieren. Brel persönlich gab ihm die Erlaubnis dazu, „ein Ritterschlag“. In Heltaus Worten: „Die Musik ist meine große Liebe.“ Daher wünscht er sich auch: „Dass man wieder einen Ton miteinander hat. Einen, der diese Bezeichnung auch verdient. Und mehr Herzensbildung.“ Alles Gute!
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