Das öffnete zahlreichen weiteren Rechtsstreiten Tür und Tor: Unter anderem Ed Sheeran (mehrfach) und Katy Perry sahen sich mit Millionenforderungen konfrontiert.
Nicht zuletzt an Perry sieht man deutlich, wo das Problem liegt: Deren Musik lebt eben von dieser Mischung aus Frischheit und Popklischee, von sofortiger Wiedererkennbarkeit. Dass hier Ähnlichkeiten zu anderen Songs eine Rolle spielen, liegt in der Natur eines Genres, in dem es nicht um Wagemut, sondern um Massentauglichkeit geht. Letztere stellt man – auch! – dadurch her, dass etwas so klingt wie vieles anderes. Liebe Grüße an den Song Contest!
Für die Komponisten ist das nun eine ordentliche Herausforderung: Wie sichert man einen „Vibe“, ein „Gefühl“ ab? Und wie geht man mit dem Zufall um, wenn zwei Songs ähnlich klingen, aber nachweislich nicht voneinander kopiert sein können (was aufgrund der begrenzten musikalischen Mittel, die zur Verfügung stehen, durchaus vorkommt)?
Led Zeppelin jedenfalls können nun aufatmen. Auch die britischen Klassikrocker waren ein halbes Jahrzehnt in einen Copyright-Streit verwickelt, und es geht immerhin um ihren ikonischsten Song, „Stairway to Heaven“. Dessen unverwechselbares Gitarrenintro soll dem Song „Taurus“ der Band Spirit zu ähnlich sein, meinten deren Rechtsvertreter. Und klagten, vier Jahrzehnte nach der Veröffentlichung von „Stairway to Heaven“.
Doch ohne Erfolg: Zu Jahresbeginn wurde für Led Zeppelin entschieden; nun weigerte sich der Supreme Court in den USA, den Fall zu hören, womit der Rechtsstreit de facto zu Ende ist.
Damit haben sie, auch, Glück gehabt. Denn immerhin steht fest, dass die Band um Robert Plant und Jimmy Page mit Spirit gemeinsame Konzerte gegeben hat, bei denen auch „Taurus“ zu hören war. Wie solche Streits vor Gericht ausgehen, das ist vielen zu unsicher – weswegen Klagen über Plagiate oftmals unter der Hand geregelt werden.
Wie unsicher es ist, musste etwa George Harrison schon in den 1970ern erleben: Ein Gericht urteilte, dass der Ex-Beatle mit seinem ersten Solohit „My Sweet Lord“ zwar nicht absichtlich „He’s So Fine“ der Chiffons klaute, sondern unbewusst.
Verurteilt wurde er trotzdem – und verspürte hernach „Paranoia“ beim Songschreiben, wie er selbst schrieb.
Das ist auch genau der Punkt, an dem die heutigen Rechtsstreits schwierig werden: Komponisten können kaum ausschließen (geschweige denn belegen), dass ihnen eine Melodie eingefallen ist, ohne dass sie diese vielleicht unbewusst schon gehört hatten. Das Popbusiness ist mehr als sechs Jahrzehnte alt, es ist kaum abzuschätzen, wie viele Songs geschrieben wurden, und schon gar nicht kann man die alle kennen. Wie soll man da einen Song komponieren, der rechtssicher originell ist?
Viele Songwriter lassen sich bereits gegen derartige Rechtsstreits versichern.
Und sie haben es sogar noch leicht: Das juristische Dickicht des Hip-Hop mit seinen Samplings anderer Songs ist noch weit komplizierter.
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