Kogler im Sommergespräch: Ampelgemüse und "freiliegendes Biohenderl"
"Disclaimer: Das TV-Tagebuch ist eine streng subjektive Zusammenfassung des TV-Abends.*
Wenn Politiker zu TV-Sommergesprächen gehen müssen, fürchten sie ja weniger, von den Fragestellern gegrillt zu werden.
Das Problem ist eher das Verlassen des üblichen Studiosettings. Laufe ich eh nicht in eine Säule, weil das Konzept Gespräche im Gehen verlangt? Werde ich eh nicht in einem Pool interviewt oder vor einen Teich mit quakenden Enten gesetzt?
Bei den Sommergesprächen von Puls 4 und Puls 24, die derzeit abgehalten werden, soll es ja besonders menscheln. Daher wird zunächst einmal gegrillt. Also nicht mit Fragen, denn der anwesende Grillmeister steht hier - hoch über dem Irenental im Wienerwald - am echten Griller.
Delikat
Für Grünen-Chef Werner Kogler ist das besonders delikat, weil keine Partei so an ihren eigenen politischen Forderungen gemessen wird wie die Öko-Partei. Und seit sie in der Regierung sitzt, umso mehr. Kaum war Kogler 2020 als Vizekanzler im Amt, wurde er bereits mit Meuchelfotos von einem McDonald’s-Besuch in Graz konfrontiert.
Puls4-Moderatorin Bianca Ambros erinnert ihn auch gleich am Beginn daran, dass Fleisch ja „nicht das Beste“ sei für die Klimabilanz. Kogler antwortet routiniert: „Das ist eine Frage der Menge.“
Er gehe auch gerne zum Würstelstand, „so isses ned“, und „einmal in fünf Jahren auch zum McDonald’s, wie wir wissen“. Kogler tritt die Flucht nach vorne an.
Freiliegend
Bei der Wahl des zu grillenden Gerichts - bisher gab es ja klassische und vegane Käsekrainer - hat er sich durchaus etwas überlegt. Ein Biohenderl soll es sein, „ehemals freilaufend, jetzt freiliegend“. Den Scherz werden sich Tierschützer dick markiert haben.
Er will es an diesem Abend auch etwas bunter: „Rote Zwiebel, gelbe Paprika, Zucchini grün.“ Ob diese Koglersche Farbenlehre schon eine Ansage für die Zukunft ist, in Richtung einer Ampel-Koalition (in Österreich rot-grün-pink)?
In diesem Text bleiben wir aber beim Unpolitischen. Wobei: „Der Mensch ist fast immer politisch“, das hätten schon „die alten Linken“ gesagt, „an dieser Stelle zutreffend“ fügt Kogler hinzu. In diesem Eck will er sich offenbar nicht verortet wissen.
Bereitwillig Auskunft gibt er über Essensmarotten in der steirischen Kindheit. Ketchup habe er zu allem gegessen, zum Unmut der Oma. Heute hält er es bei der Grillerei eher mit dem Senf, aber ein Schoafa soll es sein.
Deftig
„Essen Sie eher deftig?“, wird er auch gefragt.
Eher im Winter, weniger im Sommer. Er sei aber immer schon eher ein „Beilagentiger“ gewesen. Wenn das Fleisch „aus guter Haltung“ komme, dann sei es ein Mal pro Woche schon vertretbar. Bei ihm eher alle zwei Wochen, wenn er selbst koche, gebe es „Pasta in einfachen Kreationen italienischer Nachbauweise“.
Und dann eine typische Koglersche Umgehungsformulierung: „Und im Gasthaus, wenn es gefüllte Melanzani oder gefüllte Paprika gibt, die verachte ich nicht deshalb, weil ein Faschiertes drin ist.“
Ja, manchmal ist die Ökobilanz beim Gemüse auch eine Frage des Inhalts.
Politische Inhalte wurden dann mit Ambros und ihrem Kollegen Thomas Mohr auch besprochen, die können Sie im Artikel darunter lesen.
Kogler muss jedenfalls sein Ampelgemüse selbst schneiden und die freiliegenden Henderl auf den Grillrost legen.
Am Ende des Gesprächs spielt’s dann doch noch Granada. Aber die Grazer Band Granda, die sich Kogler zum Verspeisen des Grillguts, wünscht - mit „Spür die Sun“.
Der Vizekanzler verläuft sich noch ein bissl in Dialektkunde, weil es eigentlich „G'spia die Sun“ heißen müsste, wie er erläutert.
Das Auto
Seine Stimme hat jedenfalls gehalten. Bei der Begrüßung hatte Kogler ja noch ausführlich seinen Corona-Verlauf geschildert, der ihm noch anhaltende Heiserkeit beschert habe.
Und wenn wir hier schon zurückspulen: Die heikelste Szene war gleich zu Beginn zu sehen. Kogler entstieg da einem schicken deutschen Kompakt-SUV. Bekanntlich wird der Dienstwagen elektrisch betrieben, aber Grüne und Autos, das ist immer eine schwierige Sache. Vielleicht war der Wagen auch deshalb etwas verschämt hinter Sträuchern versteckt.
Es sind halt immer diese ungewöhnlichen Szenen, die Sommergespräche für Politiker vielleicht weniger entspannend machen, als es den Anschein hat.
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