Babler und Kogler im TV-Duell: Voll durchziehen auf der Baggerschaufel
*Disclaimer: Das TV-Tagebuch ist eine streng subjektive Zusammenfassung des TV-Abends.*
„Is ganz liab. Aber es geht um die Realität und die Realität ist beinhart:“
So wurde SPÖ-Chef Andreas Babler vor Beginn des ersten ORF-Wahlduells (mit Grünen-Chef Werner Kogler) in einem kurzen Zusammenschnitt zitiert. Babler replizierte offenbar irgendwann so auf Grüne Politik.
„Hoit, do is a Spoit“ – ließ man Wolfgang Ambros dann in dem launig zusammengeschnittenen Vorspann singen. In den kommenden 45 Minuten sollten „Unterschiede in den Positionen, aber auch Gemeinsamkeiten“ herausgearbeitet werden, sagte die routiniert agierende Diskussionsleiterin Susanne Schnabl.
Mit „Langsam wachs’ma zsamm“ ließ man noch einmal Ambros zu Wort kommen.
Babler gab dann zu, dass er und „Herr Kogler“ das eine oder andere Mal dabei lachen mussten. Aber in der Politik gehe es darum, auch eine demokratische Streitkultur zu entwickeln – am Ende solle jedenfalls eine gemeinsame Position stehen.
Schnabl erinnerte Kogler daran, dass er die SPÖ zuletzt „die Betonierer“ genannt habe. Ob er mit diesen Betonierern koalieren wolle?
„Natürlich“, antwortete Kogler. Man wolle tragfähige Mehrheiten in diesem Land und die „Rechtsextremen“ wolle man jedenfalls nicht in die Regierung lassen, da seien „alle Linien überschritten“. Die Grünen seien die „einzige echte Klima-, Umwelt- und Naturschutzpartei, die voll durchzieht.“
Ob das Durchziehen nun eine Kiff- oder eine Kick-Metapher war, sei dahingestellt.
Etwas Harmonisches
Kogler meinte, er sei zwar mit Babler auf einer Linie, aber in der SPÖ gebe es einige Landesparteien, die voll auf Autobahnprojekte, auch in Naturschutzgebieten, setzen und – etwa in Kärnten – die Windkraft ablehnen würden. Er wolle aber auch „etwas Harmonisches“ sagen und lobte die Roten für den Kampf gegen die Kinderarmut und gegen die Altersarmut bei Frauen.
Babler musste aber doch die Vorwürfe des „Betonierens“ abarbeiten. Natürlich würden Straßen errichtet, bei Neuerschließungen müsse ja zum Beispiel auch die Rettung hinfahren können. Er verwies darauf, dass auch die Grüne Infrastrukturministerin Leonore Gewessler Straßenbauprojekte im Volumen von 1,3 Milliarden Euro freigegeben habe. „Manchmal auch durch Naturschutzgebiete wie bei der S10 in Oberösterreich.“
Aber er wolle „raus aus dieser Liga“. Man müsse umdenken. Für jeden neuen Zentimeter Asphalt solle woanders im selben Ausmaß „Boden entsiegelt“ werden.
Einzelbetrachtungen
Wo und wie der Presslufthammer ansetzen soll, blieb Babler aber ebenso schuldig wie eine klare Aussage zum Lobautunnel.
Wichtig ist dem SPÖ-Chef die soziale Komponente beim Klimaschutz.
Schnabl fragte noch einmal nach: „Lobautunnel ja oder nein?“
Babler: „Ich glaub‘ wir müssen wegkommen von den Einzelbetrachtungen.“
Den Satz kann man sich aufschreiben.
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„Schatz, schauen wir heute Abend Rosamunde Pilcher statt Fußball?“
Schatz: „Ich glaub‘ wir müssen wegkommen von den Einzelbetrachtungen.“
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Kogler machte aber schon eine Einzelbetrachtung und replizierte noch auf den Gegenvorwurf des Gewesslerschen Betonierens: „Ja, es wurden Straßen gebaut. Es geht ja nicht darum, Verbindungsstücke nicht zu bauen et cetera.“
Vierspurige Schnellstraßen in Naturschutzgebiete wolle man jedenfalls nicht, hier sei die SPÖ „verlässlich auf der falschen Seite“. In Schienenprojekte würden fünf Milliarden investiert, rechnete Kogler noch die von Babler genannten 1,3 Milliarden für Asphalt gegen.
Uneinig war man sich auch bei der sozialen Treffsicherheit von CO2-Preis und Klimabonus.
„Die Konfrontation“ zwischen Andreas Babler und Werner Kogler (Gesprächsleitung Susanne Schnabl) sahen gestern, am 5. September 2024, um 20.15 Uhr in ORF 2 bis zu 604.000 Politik-Interessierte, im Schnitt waren es 593.000 bei 26 Prozent Marktanteil.
Die zweite „Wahl24“-Konfrontation zwischen Herbert Kickl und Beate Meinl-Reisinger (Moderation Alexandra Maritza Wachter) um 21.05 Uhr sahen bis zu 820.000 und im Schnitt 716.000 bei 31 Prozent Marktanteil.
Weiter geht es am 10. September mit den Konfrontationen Kickl - Kogler (20.15 Uhr) bzw. Meinl-Reisinger - Nehammer (21.05 Uhr).
Auf der Schaufel
Am Ende dieses Themenblocks wandte sich Kogler noch einmal gegen die mutmaßliche Betonfraktion. Er erinnerte an den Kampf gegen die vierspurig geplant gewesene Ennsnahe Trasse im steirischen Ennstal. „Das ist nicht gekommen, weil ich bin in der Baggerschaufel gesessen. Wir haben das verhindert und die Roten haben es angetaucht.“
„Kann man da mal ein bissl runterkommen in diesen Fragen?“, warf Babler ein.
Runterkommen von der Baggerschaufel etwa?
Kogler: „Nicht runterkommen, sondern das ansprechen.“
Kogler bleibt also auf der Baggerschaufel.
„Diese Pauschalgeschichten hamma ned notwendig“, sagte Babler.
Wir halten fest: Also nicht nur weg von der Einzelbetrachtung, sondern auch weg von den Pauschalgeschichten. Viel bleibt dann nicht mehr übrig.
Du oder Sie?
Bemerkenswert formulierte Babler dann noch zum Thema Lkw-Road-Pricing: „Ich nehme zur Kenntnis: Du kannst nicht alles durchsetzen, oder: Sie können nicht alles durchsetzen in einer Regierung, da ist man zu schwach.“
Mehrmals kippte Babler ins Du, korrigierte dann aber wieder auf Sie.
Das hatte dann doch etwas von den „Marx-Brothers“, wie es profil-Chefredakteurin Anna Thalhammer im Vorspann kommentiert hatte. Der eine sei halt noch mehr bei Karl Marx als der andere, sagt sie. Aber Brüder sind sie irgendwie ja doch. Aber gerade Brüder streiten oft gern. Auch beim Thema „Ausstieg aus russischem Gas“. Hier ortete Kogler erneut Altlasten aus Gaslieferverträgen, die auch eine rote Handschrift tragen. Babler wiederum kritisierte, dass unter der Regierungsbeteiligung der Grünen der Anteil von russischem Gas sogar gestiegen sei.
Immerhin stellte Babler eine Zustimmung zum schon lange diskutierten Biogas-Gesetz in Aussicht.
Als Kogler meinte, die SPÖ sei gegen den Klimabonus, meinte Babler, man sei für einen gerechteren Klimabonus.
„Das ist einfach falsch, was du sagst.“
„Äh, was Sie sagen.“
Starker Tobak
Interessant waren die Antworten, als Schnabl etwas überraschend die Tabaksteuer ansprach, ob diese "als Lenkungsinstrument" der Gesundheitspolitik erhöht werden solle. Sie forderte ein Ja oder Nein-Antwort ein.
"Das ist nicht das Feld, über das ich mich gerade unterhalte", sagte Babler etwas zögerlich und sprach den Anstieg der Mietkosten an. "Würde ich jetzt nicht beantworten, habe ich keine Positionierung mit".
Kogler deutete ein grundsätzliches Ja an, das schrittweise Hinaufsetzen, das schon rote Gesundheitsminister gemacht hätten, weiterzuführen, "aber das ist jetzt wirklich nicht das, was das Kraut fett macht."
Man könne nicht immer Ja oder Nein sagen, sondern müsse alles von etwas abhängig machen, "die Welt ist nicht immer Schwarz-Weiß".
Oder anders gesagt: Es gibt noch immer genug Tabakkonsumenten, die man vor einer Wahl wohl nicht vergrämen möchte.
"Schon sehr tief jetzt"
Das Thema Integration und Islamismus wurde nur gestreift, weil die Zeit schon ziemlich fortgeschritten war. Am Ende ging es beim Thema Sozial- und Gesundheitspolitik noch einmal wild hin und her. Kogler meinte, man habe die Valorisierung der Sozialleistungen zustande gebracht, Babler hielt dagegen, dass das Leben trotzdem schwerer geworden sei, dann sei "das Resultat nicht gut".
Nun zog Kogler noch einmal voll durch: "Es hilft ja nix, wenn wir völlig unbeeinflusst von jedem Sachverstand einfach diese Parteitagsparolen wiedergeben."
"Aber jetzt ist einmal Schluss irgendwann einmal", sagte Babler. "Bei allem Respekt, aber das ist schon sehr tief jetzt."
Man müsse schon ein gewisses Niveau halten, "wir müssen ja nachher wieder miteinander arbeiten, egal in welcher Rolle".
Irgendwann war dann tatsächlich Schluss. Und noch manche Frage offen.
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